Eva studiert Informatik: von ausgelasteten Gehirnkapazitäten
Text oder Code – aktuell schreibe ich viel, sehr viel. (© Photo by Kaitlyn Baker on Unsplash)

Eva studiert Informatik: von ausgelasteten Gehirnkapazitäten

Eva-Maria Kienzl,

Im Umgang mit Datenbanken und Programmen werde ich besser. Im Gegenzug verlerne ich das Texten. Die Auswirkungen meines IT-Studiums.

Beistriche setze ich eher nach Gefühl als nach Wissen. Die Satzzeichen und ich hatten nie eine innige Liebesbeziehung – dass das auch jetzt so ist, macht mir keine Sorgen. Etwas bedenklicher: Eine Arbeitskollegin musste mir kürzlich den Unterschied zwischen Wörtern und Worten erklären. Ziemliches Fiasko: Der erste „dass / das“-Fehler seit meiner Schulzeit. Und vor Kurzem ist dann der absolute Worst Case eingetreten: Ein „wie“ hat sich anstelle eines „als“ in meinen Satz eingeschlichen. Das Setting: meine Geburtstagsparty. Mein Publikum: alle meine Freundinnen und Freunde, denen ich mit meinen Ausbesserungen seit Jahren massiv auf die Nerven gehe. Der Fauxpas wurde enttarnt. So schnell ist meine unangefochtene Grammatikhoheit dahin.

Aber nicht nur das: Texte zu schreiben, fällt mir immer schwerer. Früher habe ich mich hingesetzt und einfach losgeschrieben und zwar zu ganz unterschiedlichen Themen. Die neuesten Forschungserkenntnisse, Projekte oder Portraits von Studierenden – war alles kein Problem. Gerade muss ich mich zu jedem Text zwingen und der Zwang hemmt. Genauso wie die Erwartung. Besonders meine eigene an diese Blogreihe. Seit einer gefühlten Ewigkeit sitze ich am Schreibtisch: schreibe, lösche wieder und schreibe neu. Mühsam ist das. Aber langsam komme ich in einen Flow. Also schneller Wechsel zu dem, um was es in diesem Blogbeitrag eigentlich gehen soll: meinem Studium.

Ein Studium für eine App - oder mehrere

Einzig den Namen „Mobile Software Development“ habe ich in den vorangegangenen Beiträgen verraten und viel über die Inhalte berichtet, aber den Studiengang noch nie im Detail behandelt. Das werde ich jetzt nachholen. Er ist mit noch nicht einmal einem Jahr quasi das Baby der FH JOANNEUM. Der erste Jahrgang von „Mobile Software Development“ ist vergangenen Herbst gestartet – mit mir als einer von 30 Studierenden. Wir sind also die Vorreiterinnen, Vorreiter oder Versuchskaninchen – je nachdem, wie man es sehen will. Fest steht: Experimente werden an uns nicht durchgeführt. Und wir haben viel Mitspracherecht und können so das Studium auch für unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger mitgestalten.

Mein Studium ist aber nicht nur besonders, weil es neu ist. Wir sitzen im ersten Studienjahr gemeinsam mit Studierenden eines Studiengangs der FH CAMPUS 02 im Hörsaal, in dem Lehrende der TU Graz alles an Wissen vermitteln, das wir für Softwareentwicklung benötigen. Das Stichwort „mobil“ im Studiengangsnamen zeigt an, in welche Richtung es gehen soll: Tablets und Smartphones sowie alle anderen IT-Geräte, die wir tagtäglich bei uns tragen, wollen von uns mit neuen Programmen bespielt werden – den Apps, die uns das Leben erleichtern, im Job unterstützen oder in der Freizeit unterhalten.

Dualsystem de luxe

Computer, Laptop, Smartphone – alle arbeiten sie mit 0 und 1, also dem Dualsystem. Deshalb startet das Studium auch mit Grundlagen der IT: egal ob Mathe, Datenbanken, Betriebssysteme, Netzwerktechnologien oder eben Programmieren. Erst später wird sich der Fokus auf mobile Entwicklung verlagern. Angst muss man davor keine haben: So wie ich, haben viele meiner Studienkolleginnen und -kollegen vor Studienbeginn noch nie programmiert. Trotzdem sind wir schon jetzt bei unterschiedlichsten Firmen gefragt – der Grund: das Studium ist dual organisiert. Im zweiten und dritten Studienjahr, gibt es Montag und Dienstag theoretisches Wissen und die restliche Woche praktische Anwendung im eigenen Betrieb. Für jedes Semester und alle Studierenden gibt es individuelle Ziele, die auf die Tätigkeit im Unternehmen abgestimmt sind.

Ich freue mich ehrlich gesagt schon sehr darauf. Nicht nur, weil es für mich bedeutet, etwas Neues zu lernen und mich beruflich weiterzuentwickeln. Bisher war ich eine der wenigen, die es neben dem Studium regelmäßig ins Büro verschlagen hat. Ab Herbst arbeiten wir – und zwar alle. Für manche ist es der Berufseinstieg, andere haben Unternehmen gewechselt, teilweise geht es zurück aus der Bildungskarenz. Lauter Veränderungen. Dabei werden wir nicht alleine gelassen: Es gibt eine offizielle Liste von Betrieben, die an Studierenden und dem dualen Ausbildungssystem interessiert sind. Bei einer Veranstaltung haben sich die Unternehmen bei uns vorgestellt. Jede und jeder hat sich dann beworben. Und nach und nach sind die Zusagen eingetrudelt. Bisher läuft alles nach Plan. Falls nicht, bekommt man beim Studiengang Hilfe.

Semesterende = Prüfungszeit

Bis es im Herbst dann richtig viel zu erzählen geben wird, gibt es noch einen ungemütlicheren Teil. Wir sind schon mittendrin in der Prüfungsphase. Kleines Problem: Ich bin voll motiviert, mich mit den neuesten Aufgaben rund um Programmieren, Konfigurationsmanagement oder HTML auseinanderzusetzen. Weniger ambitioniert bin ich aktuell, wenn es um das Lernen für Prüfungen geht. Das einzige Hilfsmittel: der täglich zunehmende Zeitdruck vor der Klausur.

In den vergangenen Wochen ist es losgegangen. Ich habe mit Partyvorbereitungen, Geburtstagsgrillen im eigenen Garten und Besuchen im Fußballstadion bestens prokrastiniert, bis mir eineinhalb Tage vor der Prüfung nichts mehr Anderes übriggeblieben ist als mich mit Datenstrukturen und Algorithmen auseinanderzusetzen. Die Note ist besser ausgefallen als erwartet. Jetzt versuche ich auch bei den kommenden Prüfungen etwas entspannter zu sein – schauen wir mal, wie mir das gelingt. Ich bin und bleibe nämlich leider eine Perfektionistin, die gerne die besten Noten bei den IT-Prüfungen schreibt, der aber auch jeder Grammatikfehler schmerzt.