Exkursion Warschau 5

Exkursion Warschau

Lorenz Andexer & Matthias Pöschl,

Die Studierenden der Vertiefung Communication Design waren zu Beginn des 5. Semesters auf Exkursion in Warschau, Polen. Ein ungewöhnliches Ziel für Designerinnen und Designer, jedoch umso interessanter, weil eben noch nicht alles perfekt und hipp gestaltet ist wie in der großen Designhauptstadt Berlin – es gibt echte Probleme.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Öffnung zum Westen wurde Warschau von einer Welle des wilden Kapitalismus überflutet. Dies hatte Vor- und Nachteile, besonders stark veränderte sich jedoch der öffentliche Raum. Chaotisch, knallig bunte Werbung war plötzlich allerorts zu sehen und zerstörte das Stadtbild. Besonders die jungen Designerinnen und Designer versuchten, neue Regeln für die Kommunikation von Werbung und Marken aufzustellen, um den öffentlichen Raum „aufzuräumen“. Das Engagement der Menschen, wenn es darum ging den öffentlichen Raum neu zu gestalten, hat uns sehr beeindruckt.

Im Poster Museum Wilanów waren zahlreiche Poster aus Kuba, der ehemaligen Tschechoslowakei und Polen der 60er und 70er Jahre zu sehen. Besonders interessant war auch die Diskussion mit Designerinnen und Designern über das „polnische Poster“ – die Meinungen gehen stark auseinander. Während einige versuchen, durch Poster Veranstaltungen und Märkte wiederzubeleben, erklären die anderen es für Geschichte und wollen das aktuelle polnische Design endlich neu definieren.

Kwiaciarniagrafiki ist ein Design Kollektiv, das neben einem Designbüro auch eine Siebdruckwerkstatt betreibt, wo sie experimentieren und jungen Künstlerinnen, Künstlern, Designerinnen und Designern ermöglichen, ihre Arbeiten selbst zu drucken. Die analoge Arbeit bedeutet ihnen viel – sie veranstalten Workshops und zeigen Kindern wie Siebdruck funktioniert, um ihre Begeisterung und Kreativität weiterzugeben.

Magda von Print Control, ein Magazin, das die besten polnischen Designs vorstellt, zeigte uns die von ihr recherchierte und gestaltete, aktuelle Ausgabe. Sie beschäftigt sich nun seit über 7 Jahren mit der Designszene in Polen und veröffentlicht dazu jedes Jahr eine erfolgreiche Publikation. Sie ist im ständigen Kontakt mit lokalen Designerinnen sowie Designern und konnte uns über Probleme und Trends berichten. Einige geraten auch politisch unter Druck durch die Regierung und deren Anhänger, es werden Medienhäuser gekauft und Förderungen entzogen. Aus Widerstand werden Protestposter gestaltet, tausendfach verteilt, und auch kritische Veranstaltungen und Personen werden unterstützt – Design muss auch politisch sein!

Insgesamt ist Warschau eine sehr Interessante Stadt, die auch über den Designbereich einiges zu bieten hat. Der Aufenthalt hat gezeigt, dass Design hier viel größere Aufgaben und Chancen hat, in einem Land, das noch immer in einem Wandlungsprozess hin zu einem offenerem, freierem und gerechterem Staat ist – es gibt viel zu tun!