Im Gespräch: Herbert G. Böchzelt, der neue Studiengangsleiter von „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“
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Im Gespräch: Herbert G. Böchzelt, der neue Studiengangsleiter von „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“

Marion Velik,

Der Bachelorstudiengang „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“ hat einen neuen Leiter: Herbert G. Böchzelt. Im Interview erzählt der gebürtige Leobener über seinen Werdegang, seine Schwerpunkte in Lehre und Forschung und was er im Studiengang umsetzen möchte.

Wie sieht Ihr persönlicher Werdegang aus?

Nach der Matura und dem Bundesheer bin ich nach Graz gegangen um Chemie zu studieren. Hier habe ich nach dem erfolgreichen Studienabschluss im Rahmen des Spezialforschungsbereiches „Biomembranes“ mit Auszeichnung promoviert. Für diese frühen Forschungsarbeiten in der Fett- und Ölchemie, welche ich für meine Diplomarbeit und Dissertation durchgeführt habe, wurde ich von der „AOCS - American Oil Chemists' Society“ ausgezeichnet. Danach wechselte ich in die Privatwirtschaft, wo ich in leitender Funktion für Produkt- und Verfahrensentwicklungen mit den Schwerpunkten Pflanzenextrakte und auch deren Nutzung in Lebensmitteln tätig war.

Was sind Ihre inhaltlichen Schwerpunkte im Rahmen der Lehre?

Da wir von der Urproduktion bis zu den fertigen Lebensmitteln die gesamte „Produktionslinie“ im Bachelorstudiengang „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“ sehr gut abbilden, ist es mir wichtig bei den Studierenden einerseits durch die Praxiserfahrungen in der Landwirtschaft und dem Lebensmittelvertrieb ein Gefühl für den Wert von Lebensmittel zu vermitteln und anderseits die Studierenden anzuregen, sich Gedanken über die Zukunft von Lebensmitteln zu machen. Dazu ist es neben dem Vermitteln von fundierten technischen und naturwissenschaftlichen Basiswissen wichtig, dieses Wissen miteinander zu vernetzen, Querdenken zu fördern und damit auch die Innovationsbereitschaft anzuregen.

Was sind Ihre inhaltlichen Schwerpunkte im Rahmen der Forschung?

Eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, die Bedeutung einer biogenen Kreislaufschließung und einer regionalen Versorgungssicherheit wird für die Zukunft wichtiger denn je sein. Hier setzen wir mit Forschungsprojekten an, die sich mit Fragen der Versorgungssicherheit von Städten auseinandersetzen, aber auch mit Fragen zur Herkunft und Qualität von Lebensmitteln beschäftigen.
Wie wichtig und entscheidend eine eigene, regionale Versorgungssicherheit sein kann, hat uns ja die Corona-Krise aufgezeigt. In Zeiten, wo durch eine stark wachsende Weltbevölkerung auch ländliche Räume immer enger werden, gilt es auch die Art, Herkunft und Qualität von Lebensmitteln zu hinterfragen. Für uns ist auch die Frage nach der zukünftigen Proteinversorgung der Menschen ein wichtiges Forschungsthema. Hier wollen wir die Forschung zu Fragestellungen einer nachhaltigen Proteingewinnung im Bereich von Insekten aber auch unter der Nutzung neuer Kulturpflanzen weiter ausbauen.
Ein damit einhergehendes Ziel ist, dass wir unser neues Food Processing Lab noch stärker mit Forschungsleben füllen.

Was möchten Sie im nächsten Jahr umsetzen? Welche Meilensteine möchten Sie erreichen?

Wir werden im Studiengang die Lehre verstärkt in unserem „Food Processing Lab“ durchführen und dieses auch als „OpenLab“ für Start-ups und für Landwirtinnen und Landwirte öffnen. Dazu ist es mir wichtig, dass wir viele innovationsfreudige Betriebe mit unserem wissenschaftlichen und technischen Angebot ansprechen und für diese innovative Verfahrens- und Produktentwicklungen durchführen. Dabei setzen wir verstärkt darauf, mit Unterstützung der FH JOANNEUM Marketingabteilung und mit Social-Media-Auftritten unseren Bekanntheitsgrad schrittweise zu steigern.
Am Herzen liegt mir, dass wir verstärkt Projekte der praxisnahen Forschung und Entwicklung einwerben. Auch Smart Farming wird hier ein wichtiges Zukunftsthema werden. Ich möchte mit unserem Studiengangs- und Forschungsangebot mittelfristig auch einen entsprechend hohen internationalen Bekanntheitsgrad erreichen.

Worauf legen Sie bei Studierenden Wert?
Auf deren Selbständigkeit, sowohl im Denken als auch im Tun. Mir ist wichtig, dass wir nicht nur Spezialwissen in Einzelfächern vermitteln, sondern Studierende dabei fördern, dieses Wissen auch vernetzt anzuwenden und dabei über den Tellerrand hinauszuschauen. Das kritische Hinterfragen des Istzustandes ist der Innovationsstarter für Neues – neue Produkte und verbesserte Verfahren. Mein Ziel ist es, dass alle Studierenden ihre eigene Position und Identität – gepaart mit den hier erworbenen Fähigkeiten – finden, um danach erfolgreich in der Wirtschaft tätig sein zu können. Ich hoffe auch, dass sich einige der Absolventinnen und Absolventen des Bachelorstudiengangs für unseren berufsbegleitendend dualen Masterstudiengang „Lebensmittel: Produkt- und Prozessentwicklung“ entscheiden.

Was hat Sie dazu bewogen, sich als Studiengangsleiter zu bewerben?
Kurz nach Beginn meiner Karriere in der Privatwirtschaft habe ich nebenher mit der Lehre an der Universität Graz und an Fachhochschulen in Innsbruck und Tulln begonnen. Neben der Forschung und Entwicklung ist mir das Vermitteln von Wissen, von Praxiserfahrung in Forschung und Entwicklung sowie die Herausforderung mit jungen Menschen zu arbeiten und über aktuelle Herausforderungen zu diskutieren, wichtig. Also nach dem Motto discere et docere, denn nur durch die Verknüpfung von praxisnaher Forschung und Entwicklung mit der Lehre ist deren Aktualität und Praxisnähe dauerhaft gewährleistet.
Der Wechsel an die FH JOANNEUM im Jahr 2017, zuerst als Lehrender und nun seit Februar 2020 als Studiengangsleiter, hat sich im Rückblick als ein eigentlich logischer Schritt dargestellt. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz besonders bei meinem Team an Lehrenden und Forschenden, sowie bei meinem Vorgänger Johannes Haas bedanken.