Mag.

Marcus Kutrzeba

 

Portrait

Wer mich kennenlernt, begegnet einem Lebemann, einem „Jodel-Yankee“, 1979 geboren und aufgewachsen in New York. Durch die Trennung meiner Eltern kam ich im Alter von 8 Jahren nach Österreich – so schlagen praktisch zwei Seelen in meiner Brust. Als Teenager wollte ich es unbedingt auf die Weltrangliste der besten Tennisspieler schaffen. Bis zum Jahr 2000 trainierte ich für diesen großen Traum und stand praktisch täglich auf dem Tennisplatz. Zwar schaffte ich es auch auf die ATP-Weltrangliste, doch klappte einfach nicht der Durchbruch als Berufstennisspieler. Ich hatte den Sieg im Kopf ... nur das reichte nicht, weil dafür der Spaß an der Sache auf der Strecke blieb.

Es folgte ein Wirtschaftsstudium, das ich mir selbst finanzierte. LKW-Fahrer, Tennislehrer, Skilehrer, Barkeeper, Zementierer ... kein Job war vor mir sicher. In dieser Zeit habe ich wahnsinnig viel über Menschen gelernt: Wie man sich selbst gut verkauft und was Menschen dazu motiviert, zu kaufen. Von dem mir dafür in die Wiege gelegten Talent ahnte ich damals noch nichts.

Und dann habe ich das Verkaufen praktisch gelernt: Nach dem Studium war ich nicht sicher, was ich machen wollte. Mit meinem Abschluss als Betriebswirt standen mir viele Wege offen. So verschlug es mich als Praktikant in eine Bank. Die Arbeit dort, vorwiegend hinter dem Computer, brachte den Zusammenbruch – vor Überlangeweile.

In der Versicherungsbranche fand ich mein erstes Zuhause als Trainer und bin dort für Verkauf und Führung ausgebildet worden. Um mich in diesen Bereichen fit zu machen, habe ich ca. 200 Seminartage lang an allen möglichen Ausbildungen teilgenommen: Rhetorik, Kommunikation, Telefontraining, Menschenkenntnis, Persönlichkeitsentwicklung ... Ich sollte zum Leiter der Ausbildungsabteilung aufgebaut werden. Doch ich wollte keine leitende Funktion haben, ich wollte Trainer sein. Trainer sein machte Spaß. Trainer sein wurde zu meiner Erfüllung.

Zwei Menschen dort wurden zu meinen Mentoren, haben mir all ihr Wissen weitergegeben und mich dabei unterstützt, meine eigene Firma aufzubauen. Wochentags war ich interner Trainer für die Versicherung, am Wochenende begann ich eigene Seminare zu halten. Das war im Jahr 2008. Dann kam der Übergang in die volle Selbstständigkeit.

Heute habe ich jede Menge begeisterter Kunden, die von mir und 8 weiteren Trainern betreut werden – in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol. Es ist großartig, mit Menschen zu arbeiten, die selbst etwas bewegen wollen. So ist es für mich keine Arbeit, es ist Erfüllung. Es ist fester Bestandteil meines Lebens. Es ist meine DNA.

Mein Vater Joseph sprang als Teenager durch eine Dachluke aus einem fahrenden Zug – als er nach Treblinka deportiert werden sollte. Während der Rest seiner Familie ums Leben kam, hat es mein Vater geschafft: Er wurde von einem römisch-katholischen Priester aufgenommen, der ihm direkt einen anderen Nachnamen gab, um seine jüdische Herkunft zu verschleiern. So kam mein Vater Joseph zum Namen Kutrzeba – einem bekannten polnischen General – und wuchs quasi unter einer verdeckten Identität auf. Er hatte zwar überlebt, dafür allerdings seine Herkunft, seinen Namen und seine Religion verkauft für sein Leben. Er hat sein altes Leben aufgegeben für dieses. Das war auch Grundlage für sein späteres Buch »The Contract: A life for a life«.

Joseph wanderte nach Amerika aus und landete auf einer Kartoffelfarm. Ohne Eltern, ohne Geld und ohne wirkliche Existenz. Der Korea-Krieg begann und er meldete sich freiwillig. Wem auch immer er seine Lebensgeschichte erzählte, bestätigte, das sei filmreif. Er tat, was dafür zu tun war: Nach Yale gehen, finanziert durch Eisverkaufen mit seinem eigenen Eiswagen. Joseph verkaufte nur 2 Eissorten. Aber davon jede Menge, statt viele Sorten nur halbherzig. Er machte den Menschen die Entscheidung leicht. Er hatte Talent. Er war der geborene Verkäufer.

Für Yale hatte er ein Stipendium bekommen, wurde Film- und Theaterprofessor, ging nach New York und gründete sein eigenes Theater. Am Broadway erhielt er eine Tony Award Nomination für die beste Produktion: Das Rock-Musical »The Lieutenant«, seine Lebensgeschichte. Das war in den 1970er Jahren.

Als ich geboren wurde, war mein Vater 52 Jahre alt. Vieles, was ich heute vom Verkaufen weiß, habe ich von ihm geerbt. Es liegt mir also im Blut – es ist meine DNA!