Kurzmitteilung

Herzstillstand: Lern-App zum Training von Wiederbelebungsmaßnahmen

 
Herzstillstand: Lern-App zum Training von Wiederbelebungsmaßnahmen

Der Tag der Wiederbelebung am 16. Oktober 2020 steht ganz im Zeichen des Bewusstseins für die Bedeutung von effektivem und regelmäßigem Wiederbelebungstraining. Mit ein paar einfachen Handgriffen kann jede und jeder Leben retten. Eine neue Entwicklung von Forscherinnen und Forschern der FH JOANNEUM und der Medizinischen Universität Graz ermöglicht smartes Wiederbelebungstraining mittels App und nutzt dabei das Gamification-Prinzip. Verpackt in eine Art Spiel werden so lebensrettende Kompetenzen trainiert.

Diagnose Herzstillstand: Die ersten Minuten zählen

Jede zehnte Österreicherin beziehungsweise jeder zehnte Österreicher erleidet im Laufe des Lebens einen unterwarteten Herzstillstand. Auf Grund der Umstände, von Scheu oder fehlendem Wissen wird nur in 50 Prozent der Fälle innerhalb von vier Minuten mit lebensrettenden Maßnahmen begonnen, was zur Folge hat, dass nur etwa zehn Prozent dieses Ereignis schadlos überleben. „Nach aktuellen Hochrechnungen könnten österreichweit rund 1.000 Leben gerettet werden, wenn in den ersten Minuten nach dem Notfall mit lebensrettenden Sofortmaßnahmen begonnen wird“, erklärt Gerhard Prause, Notfallmediziner an der Med Uni Graz.

Lern-App soll Training spielerisch gestalten

Um den Zugang zum Training lebensrettender Maßnahmen niederschwelliger und spielerisch zu gestalten, entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Med Uni Graz und der FH JOANNEUM eine intelligente App, die Interessierte durch ein Wiederbelebungstraining führt. Mittels einer kompakten Sensorik, die in Trainingspuppen eingebaut wird, werden alle Maßnahmen wie beispielsweise die Herzdruckmassage gemessen und drahtlos an ein Smartphone übertragen. Auf diese Weise kann die App individuelle Hilfestellungen geben und so das Wiederbelebungstraining verbessern.

Daniel Fabry, Leiter des Studiengangs „Communication, Media, Sound and Interaction Design“ der FH JOANNEUM erklärt: „Bei einem so relevanten und komplexen Thema wie der Wiederbelebung ist es wichtig, Personen zur Ersten Hilfe zu motivieren und Schwellenängste zu nehmen. Passieren Fehler, sollen diese korrigiert werden können. Mit der Sensorik gibt es die Möglichkeit, Verbesserungspotenziale zu erkennen und den Benutzerinnen und Benutzern Hilfestellung zu geben. Verpackt ist das Training in eine Art Spiel, die ein positives Erfolgserlebnis bietet und anspornt, sich tiefergehend mit dem Thema auseinanderzusetzen – in der Fachsprache nennt man dieses Prinzip Gamification.“

Simon Orlob von der Klinischen Abteilung für Allgemeinen Anästhesiologie, Notfall- und Intensivmedizin der Med Uni Graz ergänzt: „Das ist eine ganz wichtige Botschaft, man kann tatsächlich nichts verkehrt machen. Wichtig ist, dass man einen Herzstillstand erkennt und unverzüglich mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnt.“

Konzipiert wurde die Anwendung zunächst mit Design-Studierenden der FH JOANNEUM. Die Gestaltung und Produktentwicklung erfolgte dann durch David Mischak im Rahmen seiner Masterarbeit. „Ich freue mich, dass ich mit meiner Gestaltungsarbeit einen Beitrag zur Bewusstmachung und Informationsvermittlung bei diesem so wichtigen Thema leisten kann,“ resümiert der Absolvent.

RUFEN – DRÜCKEN – SCHOCKEN: Weil jede Minute zählt

Ein Herzstillstand liegt vor, wenn eine Person nicht reagiert und keine normale Atmung hat. Feststellen kann man dies, indem man versucht, die Person durch Schütteln aufzuwecken und das Ohr über Mund und Nase der Person hält. Auf diese Weise kann man hören und fühlen, ob die Person atmet; zusätzlich kann man sehen, ob sich der Brustkorb mit der Atmung hebt und senkt.

Reagiert die Person nicht und hat keine normale Atmung, dann gilt es die folgenden Schritte durchzuführen:

  • RUFEN: Rufen Sie den Notruf 144
  • DRÜCKEN: Drücken Sie kräftig und schnell in die Mitte des Brustkorbs: mindestens 100-mal pro Minute.
  • SCHOCKEN: Falls ein Defibrillator vorhanden ist, schalten Sie diesen ein und befolgen Sie die Anweisungen.

„Die App kommt genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Simon Orlob. „In den Vorjahren haben wir mit Studierenden der Medizinischen Universität Graz jedes Jahr mit über 2.000 Passantinnen und Passanten in Graz an unserem Aktionstag Wiederbelebungsmaßnahmen trainiert. Das waren kurze, hochintensive Einheiten. Dieses Jahr können wir unter den geltenden Infektionsschutzmaßnahmen einen so intensiven Austausch nicht anbieten. Das von uns entwickelte System ermöglicht ein intensives, individuelles Training auch ohne die aktive Mitarbeit unserer Studierenden.“

Seit dem Sommer gibt es an allen Standorten der Grazer Stadtbibliothek Wiederbelebungspuppen, die zum Üben ausgeliehen werden können. „Mit der neuen Lern-App wird das Wiederbelebungstraining noch interaktiver und effektiver“, blickt das Entwicklungsteam in die Zukunft.