Kurzmitteilung

Diversitätsbewusstsein in der Sozialen Arbeit

 
Diversitätsbewusstsein in der Sozialen Arbeit

Nach zweijähriger Forschung wurden die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Zur Konstruktion und Dekonstruktion von Differenz in der Sozialen Arbeit“ am 31. Jänner 2020 im Rahmen einer Präsentation an der FH JOANNEUM vorgestellt.

Die Forscherinnen, Anna Riegler, Brigitte Kukovetz und Helga Moser analysierten in dem vom Land Steiermark geförderten Forschungsprojekt, wie und ob die Soziale Arbeit in ihrer alltäglichen Praxis mit Diversität umgeht: auf organisationaler, interaktionaler und individueller Ebene. Im Zuge der Präsentation stellten sie vor, wie bestehende Mechanismen, wie diskriminierende Diskurse und Ordnungen in der Sozialen Arbeit reproduziert oder aufgebrochen werden können.

Durchgeführt wurde die empirische Erhebung mittels Beobachtungen und Interviews in sozialen Einrichtungen und Befragungen von Expert_innen. Es zeigte sich dabei, dass in der Praxis vielfältige Kategorisierungen vorgenommen werden – hinsichtlich Bildungsgrad, Geschlecht, Nationalität, Migrationserfahrungen, Religion, sexuelle Orientierung u.v.a.m. Einerseits wird dabei aktiv an der Dekonstruktion möglicher diskriminierender Differenzsetzungen gearbeitet. Hier sind vor allem biografische Vorerfahrungen der Fachkräfte, sowie aktivierende Maßnahmen seitens der Führungskräfte wirksam. Andererseits spiegeln sich in kategorisierenden Differenzsetzungen auch öffentliche Diskurse wider. Ihre diskriminierende Wirkung entfalten diese entlang unreflektierter Macht- und Normalitätsvorstellungen. Insgesamt stellten die Forscherinnen eine mangelnde proaktive Auseinandersetzung mit dem Thema Diversität in der täglichen Praxis und in Aus- und Weiterbildungen fest.

Stereotype hinterfragen

In einem theoretischen Exkurs wurde hervorgehoben, dass eine offene Gesellschaft und die Anerkennung von Verschiedenheit, eine Dekonstruktion der „kulturellen“ Muster oder stereotypen Zuschreibungen bedingt. Dahingehend stellten die Forscherinnen Ansprüche zur Professionalisierung. Es brauche Wissens-, Handlungs-, Reflexions- und Haltungskompetenz, um die Normalität kritisch zu hinterfragen oder die eigene Biografie und Vorurteile kritisch zu reflektieren. Auf der Handlungsebene geht es dabei um eine Begegnung von Mensch zu Mensch, auf der Wissensebene geht es um ein Bewusstsein von historisch gewachsenen diskriminierenden Bedingungen:

„Vergiss, dass ich schwarz bin, vergiss nie, dass ich schwarz bin!“

Pat Parker

Als Kooperationspartner_innen stellten Alexandra Köck und Robert Konrad von Zebra, einem interkulturellem Therapiezentrum, Handlungsperspektiven vor. Der Verein hat langjährige Erfahrung im Bereich Migration und Diversität und bietet Fortbildungen und verschiedene Module zu diversitätsorientierter Qualitätsentwicklung an. Ihre Forderung und ihr Ziel sind es, dass in der Sozialen Arbeit differenzsensibler gearbeitet wird, damit Chancengerechtigkeit hergestellt werden kann.

Im abschließenden Teil der Veranstaltung fand ein angeregter Austausch mit den Anwesenden statt. Dabei teilten Studierende der Sozialen Arbeit sowie externe Gäste ihre Erfahrungen aus der Praxis mit. Diskutiert wurde dabei etwa der Umgang mit diskriminierenden Verhalten innerhalb der Kolleg_Innenschaft oder gendergerechter Sprachgebrauch. Die Forscherinnen und das Zebra-Team gaben hierzu Lösungsvorschläge und betonten die Wichtigkeit von offenen Gesprächen im Kollegium sowie gesamtbetriebliche Fortbildungen in diesem Bereich, um das Bewusstsein für eine differenzsensible Soziale Arbeit zu verstärken.

Kooperationspartner:

  • FH JOANNEUM – Institut für Soziale Arbeit
  • Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Empirische Lernweltforschung und Hochschuldidaktik
  • ZEBRA – Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum
  • FH JOANNEUM – Studiengang Management Internationaler Geschäftsprozesse
  • Gleichbehandlungsanwaltschaft Regionalbüro Steiermark
  • Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung des Landes Steiermark