Bitcoins: Münzen, die kein Geld sind 1
© FH JOANNEUM / Thum Kovacs

Bitcoins: Münzen, die kein Geld sind

Christian Vogel & Eva-Maria Kienzl,

Sind Kryptowährungen Währungen? Sind Bitcoins Geld? Kann man Kryptowährung genauso vertrauen wie herkömmlichen Zahlungsmitteln? Kryptowährungen sind ein aktuelles Thema, das diese und viele weitere Fragen aufwirft. Über 100 Personen informierten sich bei der Veranstaltung am 24. April 2018 an der FH JOANNEUM über technische und rechtliche Aspekte.

In einem 2008 verfassten Paper wurde der Begriff Bitcoin erstmals verwendet. Welche Person oder Personengruppe für dieses Paper und damit die aktuell bekannteste Kryptowährung verantwortlich ist, ist noch heute unklar. 2009 wurden Bitcoins als Open-Source-Software implementiert und veröffentlicht: Der erste generierte Block bestand aus 50 Bitcoins. Heute existieren rund 17 Millionen Bitcoins im Wert von über 150 Milliarden Dollar.

„Bitcoins sind per Definition kein E-Geld und damit kein herkömmliches Zahlungsmittel. Trotzdem müssen sich die Banken vermehrt mit dem Thema auseinandersetzen, da die Gesellschaft Bitcoins fälschlicherweise als Währungen wahrnimmt. Auch deshalb freue ich mich über die Initiative dieser Vortragsreihe“, so Gerhard Fabisch, Vorstandsvorsitzender der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG, über die Veranstaltung.

Unterschied Kryptowährungen und klassisches Geld
Derselbe Geldschein oder dieselbe Münze kann nicht zwei Mal ausgegeben werden und auch das Anfertigen von Duplikaten ist schwierig. Geld wird durch Banken reguliert, jeder Schein hat eine Seriennummer. Online ist dies anders: Daten können theoretisch kopiert, beliebig oft vervielfältigt und damit mehrfach „ausgegeben“ werden. Es gibt keine Seriennummer und auch die Bankenregulierung wird online umgangen. Was sind Pendants bei E-Geld und was sind sie bei Kryptowährungen?

Der Leiter des Instituts Electronic Engineering der FH JOANNEUM Christian Vogel gab bei der Veranstaltung Antworten zu technischen Voraussetzungen: Eine zentrale Frage beim Umgang mit Kryptogeld ist, ob die Versenderinnen und Versender das Geld, das sie ausgeben wollen, wirklich besitzen. Das wird durch die sogenannte Blockchain gewährleistet, die als verteiltes öffentliches Kassenbuch verstanden werden kann. Darin sind die Besitzverhältnisse der Bitcoins und deren zeitliche Veränderung für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer frei zugänglich.

Die Übertragung von Bitcoins funktioniert bildlich gesprochen durch private und öffentliche Schlüssel und digitale Signaturverfahren. Dabei kann die digitale Signatur der Senderin oder des Senders als Willensbekundung zur Übertragung verstanden werden. Erst wenn das Kollektiv der Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Willensbekundung bestätigt, wird die Übertragung als Block in die Blockchain aufgenommen und die Besitzverhältnisse sind neu und unwiderruflich geordnet.

Eine zentrale Rolle haben dabei Hashwerte und das Proof-of-Work-Konzept der Blockchain, wofür äußerst aufwändige Berechnungen notwendig sind. Diese Berechnungen können nur im Kollektiv aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer und durch deren riesige Rechenleistung durchgeführt werden. Dadurch wird verhindert, dass einzelne die Blockchain verändern oder manipulieren.

Die Stärke der Bitcoins: Das System und die kryptografischen Protokolle funktionieren seit fast zehn Jahren einwandfrei. Es gab bisher auch kaum größere Probleme durch fehlerhafte Implementierungen der Protokolle.

Aber Bitcoin hat auch einige Schwächen. In einem Jahr wird für das Berechnen von Hashwerten zur Sicherung von Bitcoin-Transaktionen in der Blockchain so viel Energie verbraucht wie in der gesamten Schweiz. Außerdem sind Bitcoins für den täglichen Gebrauch wenig geeignet, da die Validierungsprozesse lange brauchen, die Anzahl der Transaktionen pro Sekunde limitiert ist und der Wert der Bitcoins äußerst volatil ist. Auch ein Nachteil: Eine falsche „Überweisung“ kann nicht rückabgewickelt werden. Mittlerweile gibt es schon über 1500 Nachfolger-Kryptowährungen von Bitcoin, die versuchen ein bessere Kryptowährung zu sein. Ob das einer Kryptowährung langfristig gelingt und wie sich Blockchain-Technologie sinnvoll auf andere Bereiche übertragen lässt, Stichwort „Smart Contracting“, wird die Zukunft zeigen.

Blase Bitcoins?
Bitcoins werden auch für Spekulationsgeschäfte genutzt. Ihren Wert haben sie nicht an sich, sondern erst dadurch, dass Menschen bereit sind die Bitcoins für „echtes Geld“ zu kaufen. Und: Es gibt ständig neue Bitcoins. Die Art der Erzeugung von Bitcoins nennt sich Mining. Jeder Teilnehmer muss nur einen richtigen Hashwert zur Sicherung eines Blockes der Blockchain finden, um mit neuen Bitcoins belohnt zu werden.

Die Schwierigkeit der Aufgabe einen Hashwert zu finden wird im Bitcoin-Netzwerk laufend angepasst, sodass statistisch gesehen in etwa alle zehn Minuten ein richtiger Hashwert gefunden wird. Konkurrierende hochspezialisierte Rechenzentren suchen weltweit ständig nach entsprechenden Hashwerten. Der erste mit der richtigen Lösung gewinnt und bekommt Bitcoins als Belohnung. Da eine höhere Rechenleistung die Gewinnchancen steigert, werden diese Rechenzentren permanent vergrößert und verursachen dadurch den steigenden und unglaublichen Energieverbrauch.

Immobilienblase, Dotcom-Blase, Bitcoin-Blase: Steigt die Nachfrage schneller als die Produktion kann eine sogenannte Blase entstehen. Auch bei den Bitcoins ist eine spekulative Blase und damit ein Zusammenbrechen des Systems möglich. Ganz aktuell: Auf europäischer Ebene werden die Kryptowährungen in den Anwendungsbereich der Geldwäscherichtlinie integriert. Damit ist der erste Schritt zur Regulierung von Kryptowährungen gesetzt.

Praxisdialoge an der FH JOANNEUM
Das Thema „Kryptowährungen: technische und rechtliche Aspekte“ wurde im Rahmen der Praxisdialoge an der FH JOANNEUM in Kooperation mit der Steiermärkischen Sparkasse behandelt. „Die FH JOANNEUM zeichnet sich durch praxisrelevante Inhalte aus. Bei den Praxisdialogen werden aktuelle Themen von Expertinnen und Experten behandelt. Es freut uns, dass sie ihr Wissen regelmäßig an Interessierte weitergeben“, so Werner Hauser, Fachbereichskoordinator für Recht an der FH JOANNEUM.

Bild mit Martin Payer, Gerhard Fabisch, Evelyn Bauer, Werner Hauser; Dominik Wanda und Christian Vogel.
v.l.n.r.: Martin Payer, Geschäftsführung der FH JOANNEUM; Gerhard Fabisch, Vorstandsvorsitzender Steiermärkische Sparkasse; Evelyn Bauer, Generalsekretariat Steiermärkische Sparkasse; Werner Hauser; Dominik Wanda, Referent am Kompetenzzentrum Recht / Österreichischer Sparkassenverband; Christian Vogel (© Margit Kundigraber)