Ayad Al-Ani Keynote ELT17

Der digitale Mensch – Vorschau auf ein neues Zeitalter

Jutta Pauschenwein,

Ayad Al-Ani, Forscher am Alexander von Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft und Berater von Unternehmen bei der Umsetzung der digitalen Transformation, setzt sich in seiner Keynote zum 16. E-Learning Tag an der FH JOANNEUM mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Lernprozesse, Firmen und die Gesellschaft auseinander.

In seiner Keynote möchte Ayad Al-Ani nicht bewerten was auf uns zukommt, sondern durch die Diskussion die Menschen stärken, denn wer die Zukunft kennt, kann sie auch beeinflussen. Er hält auch fest, dass es noch keine adäquate Sprache gibt, um über die Zukunft zu reden und er daher ein Sammelsurium aus Methoden und Begriffen verwendet.

Hochschulen
Seiner Einschätzung nach funktionieren Hochschulen in Europa, doch die Art und Weise, wie sie aufgesetzt sind, ist obsolet. Ihre Funktion ist eher eine elitäre, Kinder der Ober- und Mittelschicht treffen sich, vernetzen sich – Didaktik spielt weniger eine Rolle.

Firmen
In Europa ist der Kern einer Firma ein Geheimnis, in Patenten niedergeschrieben. Durch die Digitalisierung wird dieses Geheimnis gelüftet. Die Firma Tesla etwa hat Patente öffentlich gemacht und lässt die Kundinnen und Kunden im Designprozess mitwirken. Zukünftig werden Firmen über Communities Kundinnen und Kunden in den Produktionsprozess integrieren. Diese Communities werden etwa auch ermöglichen, dass man sein Auto durch Fahrdienste abbezahlt.

Künstliche Intelligenz
Darüber hinaus werden sich die Abläufe in Firmen ändern, künstliche Intelligenz wird es Maschinen ermöglichen aufgrund der vorliegenden Datensätze Entscheidungen zu treffen. Der immer größere Datenschatz ermöglicht es der Maschine zu lernen.

Neue Prozesse
„Blockchain“ ermöglicht eine fälschungssichere Art Werte darzustellen. Buchungen, Verträge und Ähnliches werden auf „Blockchains“ umgesetzt. Damit ist ein Vertrag ein Code, der auch die Umsetzung starten könnte. So wird zum Beispiel der Mähdrescher den Traktor mit Anhänger selbst bestellen und ihn auch gleich bezahlen.

Das Audimax der FH JOANNEUM während der Keynote zum 16. E-Learning Tag der FH JOANNEUM.
Foto: © FH JOANNEUM

Human in the loop
Der Mensch ist da, wenn die Maschine etwas nicht kann.

Auswirkungen
Ayad Al-Ani meint, dass in den nächsten zehn bis 15 Jahren ein Teil eines Unternehmens in der alten Welt bleiben wird, während 30-40 Prozents des Unternehmens transformiert werden. Er vergleicht das mit edX(1) , einer MOOC Plattform, die von der Harvard University und dem MIT entwickelt wurde, um ein Online-Angebot neben traditionellen Hochschulkursen anzubieten.

Zusammenfassend
Die Grenzen der Unternehmen verändern sich, Kundinnen und Kunden verändern sich zu Userinnen und Usern sowie zu Co-Produzentinnen und Produzenten, die Technik wird vermehrt eingesetzt werden, um menschliche Entscheidungen zu unterstützen oder substituieren.
Und … die Maschine, wenn sie einmal „angelernt“ ist, ist immer billiger als der Mensch.

Persönlicher Umgang
Es wird eine Beziehung zwischen Menschen und Technik entstehen, Kinder kommunizieren heute bereits mit Alexa oder Siri. Wir werden persönliche KIs verwenden, um bessere Entscheidungen zu treffen oder auch um inspiriert zu werden (etwa der Berliner Künstler Roman Lipski). An diesen sogenannten „Software Agents“ wird bereits gearbeitet (siehe auch "Software Agents" Projekte des MIT(2) ). Menschen agieren mit den „Software Agents“ - Ayad Al-Ani sagt „KI macht uns schlauer“, durch zur Verfügung Stellung oder Strukturierung von Wissen.

Neues Lernen
„Edupunks“(3) lernen vernetzt, nutzen das Web kreativ und schaffen interessante Dinge, entwickeln Produkte, auch Lernmaterialien, ohne eine Hochschule zu besuchen. Bei der Rekrutierung von Menschen mit IT-Kenntnissen legt die Firma Volkswagen weniger Wert auf Zeugnisse und bewertet die Mitarbeit auf Kreativplattformen positiv.
Universitäten nehmen diese Herausforderung bereits heute an und beginnen, Plattformen für Lerninhalte aufzubauen und diese kostenlos oder für eine geringe Gebühr anzubieten. Diese Plattformen sind in den meisten Fällen global ausgerichtet. Sie sind für ein Millionenpublikum bestimmt – jenseits des traditionellen Hörsaals und der Vorlesung, die immer öfter durch virtuelle Lernangebote ersetzt werden können. Die Konsolidierung und Digitalisierung des Bildungswesens ist bereits im vollen Gange.

Bild eines Chatverlaufs auf WhatsApp zur Lösung einer Mathematik-Hausübung.
Foto: © Ayad Al-Ani
Ayad Al-Ani bringt auch ein Beispiel, wie Jugendliche auf WhatsApp zu Mathematik-Aufgaben kollaborieren.

Hochschulen der Zukunft
Hochschulen müssen sich ändern, aufgrund neuer Lerntechnologien, veränderter Bedingungen am Arbeitsmarkt und den Anforderungen lebenslanger Lernprozesse. Nach Ayad Al-Ani werden Hochschulen zu Plattformen mutieren, auf denen sich Leute miteinander vernetzen können. Diese Plattformen sind global für viele ausgerichtet. Innovation wird nicht aus den Hochschulen kommen, da die Organisation zu eng und zu reglementiert ist, sondern eher aus Firmen wie Amazon, die freier in der organisatorischen Umsetzung sind. Die Änderungen werden zudem zunächst in der Erwachsenenbildung umgesetzt.

Lernpfade der Zukunft
Klassische Hochschulen werden vermehrt auch digitale Inhalte von den besten Leuten der Welt integrieren. Projekte werden als „Crowdwork“ in „Fablabs“ (öffentliche Labors) abgewickelt. Einzelne Personen werden ihre eigene Community haben, bestehend aus 40 bis 50 Personen, mit denen sie online und offline verbunden sind und die sie ein Leben lang begleiten. In dieser Community werden Fragen rund um den eigenen Lernprozess gestellt. Doch wie können Hochschulen solche lebenslangen Lernpfade begleiten? Um die Lernziele von Individuen am besten zu unterstützen, bräuchte es ein regelmäßiges Coaching beim Voranschreiten im Lernpfad. Dies könnte eine wichtige Rolle von Hochschulen werden. Nicht unbedingt das Wissen selbst zu produzieren, sondern zu helfen, Wissen anzueignen und den Lernprozess zu strukturieren.

Die Zukunft
In einem YouTube-Video (1988) spricht Isaac Asimov über „Self Learning“(4) und meint, dass jede und jeder es genießen wird zu lernen, im eigenen Rhythmus, anhand selbst ausgewählter Themen und zusätzlich zur (Hoch-)Schule. Ayad Al-Ani meint, dass eine Gesellschaft entstehen wird, mit neuen Organisationstypen und neuen Technologien, in denen einzelne entdecken können, wofür sie brennen, dies dann machen und selbst das Nötige dafür lernen werden - online und offline, denn wir wollen uns auch noch physisch treffen.

Merken Sie sich auch den Termin zum 17. E-Learning Tag vor! - Donnerstag, 13. September 2018!

Tipp:

Wir laden Sie herzlich ein, in unserer Online-Dokumentation zum 16. E-Learning Tag - Projektergenbisse in die Lehre transferieren - zu schmökern!