Porträt

Jürgen Sorger, BSc MSc

Jürgen Sorger gestaltet als Verkehrsplaner und Mobilitätsforscher nachhaltige Lebenswelten und arbeitet auch an seiner Dissertation zum Thema Radverkehr. an der Schnittstelle von Verkehrsplanung und Städtebau. Wie sein Arbeitsalltag aussieht erzählt er im Interview.

 

Eckdaten

Jobbezeichnung: Verkehrsplaner und Doktorand

Unternehmen: Verkehrplus

Foto: Verkehrplus

Interview

Sie haben Energie, Mobilität und Umweltmanagement studiert, in welchem Jahrgang waren Sie?

Ich war im Jahrgang 2012 des Bachelorstudiums „Energie-, Mobilität- und Umweltmanagement“ und im Jahrgang 2015 des „Masterstudiums“ Energy and Transport Management.

Wie hat Ihnen das Studium an der FH JOANNEUM gefallen? Was hat Ihnen besonders gefallen?

Die Atmosphäre war angenehm kollegial, sowohl zwischen den Studierenden aller Jahrgänge als auch mit den Lehrenden und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Institut. Die umstrittene fachliche Breite des Curriculums habe ich persönlich als positiv empfunden – beispielsweise hat sich während des Studiums mein fachlicher Interessenschwerpunkt durch diese Breite geändert. Besonders gut gefallen haben mir offene Diskussionsrunden, die Einbindung externer Expertinnen und Experten in die Lehre sowie das Sportangebot des Vereins FH Sport.

Wie würden Sie das Studium in einem Satz beschreiben?

Das Studium zeichnet durch inhaltliche Vielfalt, Praxisnähe und kollegialem Umgang aus.

War es von Anfang an klar, dass Sie etwas in diese Richtung studieren werden? Wofür haben Sie sich als Jugendlicher interessiert?

Meine Vision als Jugendlicher war es, in einem Job zu arbeiten, bei dem ich wirklich etwas Positives zur Gesellschaft beitragen kann. Daher kristallisierte sich früh der Umwelt- oder Sozialbereich heraus. Nach der Schule interessierten mich die Themen erneuerbare Energien und Energieeffizienz, da sie einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Ich startete erst sechs Jahre nach der Matura mit dem Studium – wobei mein inhaltlicher Fokus eben der Energiebereich war. Mein Interesse für Verkehrsplanung und Mobilität beziehungsweise Mobilitätsforschung entwickelte sich dann ebenfalls im Zuge des Bachelorstudiums aus dem Umweltschutzgedanken heraus.

Wie hat Sie das Studium auf Ihren Beruf vorbereitet? Welche Fähigkeiten und welches Know-how können Sie aus dem Studium mitnehmen?

Vor allem die Lehrveranstaltung und Gruppenübungen rund um Raumplanung sowie die Erfahrungsberichte externer Expertinnen und Experten weckten mein Interesse, die Zusammenhänge zwischen Raum und Verkehr, aber auch Entscheidungsprozesse verstehen zu wollen. Das Auslandssemester in den Niederlanden vertiefte mein Verständnis zum Thema Radfahren als Mobilitätswerkzeug im Alltag.

Worum geht es in Ihrem aktuellen Job? Was kann man sich genau darunter vorstellen?

Ich bin Verkehrsplaner und Mobilitätsforscher.

Als Verkehrsplaner unterstütze ich Gebietskörperschaften wie Gemeinden oder aber auch Verkehrsunternehmen in der Entscheidung warum, wo, wann und für wen bestimmte Infrastrukturen oder Verkehrsdienstleistungen angeboten werden sollen. Ich persönlich arbeite hauptsächlich im Team Multimodalität und Radverkehr. Wir entwickeln Radverkehrsnetze zur Förderung des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel, errechnen die optimale räumliche Lage für Bus- oder Bahnhaltestellen, die optimale Bedienungshäufigkeit mit dem öffentlichen Verkehr oder erarbeiten mit Raumplanerinnen und Raumplanern Vorgaben für die Erschließung von Gebieten. Vor allem die Schnittstellen der einzelnen Verkehrsmittel im Sinne einer multimodalen Mobilitätsabwicklung ist ein wesentlicher Faktor.

Als Mobilitätsforscher beschäftige ich mich mit Verhaltensweisen von Menschen im Kontext der Mobilität. Ich untersuche empirische Erhebungen oder historische Entwicklungen in Bezug auf Raum und Verkehr oder arbeite in Workshops mit unterschiedlichen Akteurinnen; Akteuren und Interessensvertretungen, um Herausforderungen und Stolpersteine für eine Transition der Mobilität herauszufiltern. Idealerweise entwickle ich auch Lösungen oder zeige Lösungswege auf. Konkret arbeite ich an einer Dissertation zum Thema Radverkehr an der Schnittstelle der Disziplinen Verkehrsplanung und Städtebau zu Fragestellungen der Transition des öffentlichen Raums in kleinen und mittelgroßen Städten und seine Wirkungen.

Wie schaut ein typischer Arbeitsalltag für Sie aus? An welchen Projekten arbeiten Sie zurzeit?

Ein typischer Arbeitsalltag besteht aus Planungsgesprächen im Team, E-Mails und Telefonaten mit Auftraggebern, Recherchen, inhaltlich-planerischen Tätigkeiten, Verfassen von Projektberichten oder Vorbereitungen für Präsentationen. Zurzeit arbeite ich an der Erstellung mehrerer Radverkehrskonzepte in der Steiermark, der Umsetzung von multimodalen Knoten für unterschiedliche Gemeinden, einem ÖV-Konzept für einen Verkehrsverbund sowie einem Gesamtverkehrskonzept in einer Gemeinde in Salzburg. Zusätzlich arbeite ich laufend an meiner Dissertation.

Wie hat sich Ihre Karriere durch das Studium verändert?

Die Karriere als Verkehrsplaner wurde erst durch das Studium ermöglicht. Vor dem Studium habe ich im Sozialbereich und im Maschinen- und Anlagenbau gearbeitet.

Was gefällt Ihnen am besten an Ihrem Job? Was ist besonders interessant? Was sind die Herausforderungen in Ihrem Job?

Am besten gefällt mir an meinem Job, dass ich beobachten kann, wie wir es als Team schaffen, kleine Schritte in Richtung Mobilitätswende vorauszugehen und in den Gemeinden diese Transition auf den Boden zu bringen. Wenn multimodale Knoten oder Radwege und sogar Brücken, die aus unserer Feder geplant, umgesetzt werden und die Menschen zum Denken anregen, dass es Alternativen zum eigenen Auto gibt, dann bewegt (!) das.

Die Herausforderung liegt in der Natur der Individualität des Menschen begraben. Nicht jeder Mensch sieht Bedarf darin, Verkehr und Mobilität verändern zu müssen, um die Herausforderungen der Zukunft in puncto Lebensqualität zu adressieren. Diese Menschen mitzunehmen ist die Herausforderung.

Welche Fähigkeiten braucht es in diesem Beruf? Was muss man können, um in Ihrem Berufsfeld arbeiten zu können?

Neben einer genauen, strukturierten und methodischen Arbeitsweise kommt es auch auf das eigene Management an. Wie viele Berufe ist es auch in der Verkehrsplanung so, dass man mit und für viele Menschen arbeitet. Abstimmungen, Prozesse und Zeitläufe müssen im Auge behalten werden. Außerdem ist es in beratenden Positionen sicherlich auch hilfreich, wenn man seiner Umgebung mit positiver Energie entgegentritt. All das funktioniert von selbst, wenn die gebotene Qualität stimmt. Die Qualität stimmt dann, wenn man selbst Interesse daran hat, dass das entwickelte Projekt auch für einen selbst einen Sinn hat. Und das geht wiederum nur, wenn man macht, wofür man sich auch interessiert.

Welche Tipps würden Sie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger mitgeben?

Zuallererst muss das Interesse da sein – wahres Interesse. Und dann empfehle, sich zu fragen: Passt der Job zu mir? Das bedeutet nicht, dass man herausfindet, ob der Job mir ein gutes Image verleiht oder Prestige bringt, oder ob man sich mit dem Job profilieren kann. So quasi nach dem Motto: Der Job passt gut zu mir, weil es was hermacht und weil ich mir den hart erarbeitet habe.

Man sollte herausfinden, welche Ansprüche man selbst an einen Job hat – meistens weichen diese Ansprüche nicht stark von der eigenen Lebensphilosophie ab, denke ich. Vielleicht spürt man es eh schon ein bisschen beim Bewerbungsgespräch. Geschlossene Bürotüren, lange Gänge und Flüstertalk in der Gemeinschaftsküche sind vielleicht für einen hibbeligen und kommunikativen Menschen nicht das Richtige – vielleicht.

Haben Sie noch Kontakt zu ihren Studienkolleginnen und Studienkollegen?

Ja. Ich wohne sogar noch mit einem Kollegen zusammen. Mit anderen treffe ich mich regelmäßig

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Was möchten Sie beruflich noch erreichen?

Ich wünsche mir für die Zukunft mein Fahrrad, Vorstellungskraft und Mut. Dann läuft's.

Warum würden Sie einer jungen Maturantin oder einem Maturanten empfehlen, „Energie-, Mobilitäts- und Umweltmanagement“ an der FH JOANNEUM zu studieren?

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus, kann ich es empfehlen, wenn man sich ideell mit dem Curriculum beziehungsweise mit dem, was es im Endeffekt bezwecken soll, anfreunden kann. Der Rest ergibt und schärft sich von selbst.

Das Interview mit Jürgen Sorger führte Karin Kuchler, Hochschullektorin am Institut Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement.