Porträt

Daniel Perraudin, BA

Daniel Perraudin ist Type & Graphic Designer. Seine Leidenschaft für Typografie hat er bereits im Bachelorstudium entdeckt. Mehr über seine Passion und seinen Werdegang verrät er im Interview.

 

Jobbezeichnung: Type & Graphic Designer
Unternehmen: Capitale Design Studio

Du hast 2003 mit dem Studium begonnen – hattest du von Beginn an eine Leidenschaft für Typografie?

„Ich erinnere mich gut, dass ich relativ bald im Studium damit begonnen habe, während des Unterrichts Buchstaben zu zeichnen, da hatte ich noch gar keine Ahnung, wie das eigentlich funktioniert. Diese Skizzen sind wirklich grottenschlecht. Aber ich zeige sie den Studierenden gerne am Anfang meiner Typografie Vorlesungen, damit sie sehen, dass wir alle einmal kein anfangen. Ich habe allerdings damals schon bemerkt, dass mir das richtig Freude macht, und habe versucht, eine eigene Formensprache daraus zu entwickeln. Gemündet haben diese Bemühungen dann in meiner Diplomarbeit, wofür ich eine eigene Schrift entwickelt habe. Die Parka ist heute Hausschrift der FH, und da schließt sich für mich sozusagen der Kreis.“

Wie ging es nach dem Diplom für dich weiter?

„Ich wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass ich für das Thema Typografie brenne, und habe erstmal meine eigene Schrift weiter entwickelt – zu dem Zeitpunkt lag sie ja nur im Regular Schnitt vor, und ich wusste, wenn ich damit etwas anfangen will, dann muss sie noch viele weitere Zeichen und vor allem Schnitte bekommen. Gleichzeitig musste ich auch erstmal Geld verdienen, also suchte ich mir eine Festanstellung bei KMS in München im Bereich Corporate Design/Typografie. Die Schriftentwicklung war aber permanent in meinem Kopf, und nach 2,5 Jahren habe ich mich dann in Den Haag für den Type and Media Master beworben.“

War es einfach dort aufgenommen zu werden?

„Naja, die Bewerbung war eine ziemliche Hals über Kopf Aktion. Ich bemerkte bei der Recherche zu diesem Master, dass ich nur mehr zwei Wochen Zeit hatte, um mich zu bewerben, und die ganzen Unterlagen, Zertifikate, Portfolio etc. dann neben der eigentlichen Arbeit zusammenzutragen, war dann kurz extrem stressig. Aber ich dachte, ich bewerbe mich einfach, wird schon werden. Das war im Nachhinein gesehen total vermessen meinerseits, denn ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sie nur 12 Studienplätze bei über 200 Bewerber:innen anbieten. Welcher Glücksfall es war, dort aufgenommen zu werden, wurde mir also erst im Nachhinein klar. Der Master war dann in jeder Hinsicht extrem, ich glaube ich habe in meinem Leben noch nie so viel gearbeitet wie dort. Wir waren alle in diesem Kokon, wir haben uns gegenseitig gepusht, jeder hat sich angetrieben gefühlt durch das Kollektiv – es gab eigentlich ausschließlich die Akademie in dieser Zeit. Ich habe 24h pro Tag nur über Schrift geredet, es war wie ein einjähriges Bootcamp mit super hohem Nerdpotential!“

Wie ging es danach für dich weiter?

„Ich ging zuerst für zwei Jahre nach Leipzig, hab selbständig an eigenen Projekten und mit einem befreundeten Büro im Bereich Leit- & Orientierungssysteme gearbeitet. 2015 bin ich dann nach Berlin gezogen und habe in diesem Zeitraum einige Projekt mit meiner ehemaligen Studienkollegin Cora abgewickelt. Dieser Kontakt hat sich dann zunehmend vertieft, und 2016 haben wir gesagt: lass uns dem Baby doch einen Namen geben, und dann haben wir unser gemeinsames Büro gegründet.“

Was ist euer inhaltlicher Kernfokus in eurem Unternehmen?

„Unser Fokus liegt auf typografisch versierter Gestaltung, Schrift spielt also immer eine wichtige Rolle. Im Kern geht es um drei inhaltliche Schwerpunkte: Editorial Design, Branding (wir haben grad die Hochschule Karlsruhe neu gestaltet) und Leit- und Orientierungssysteme. Typedesign ist mein eigenes Steckenpferd neben der Bürotätigkeit. Ich habe bisher zwei Schriften veröffentlicht, zwei weitere folgen jetzt – ich denke diese Leidenschaft lässt mich nicht mehr los. Und hin und wieder denke ich noch darüber nach, ob ich nicht vollständig aufs Typedesign setzen sollte, aber mal sehen…“

Was ist für dich das Reizvolle bei der Gestaltung eines Leitsystems?

„Es kommt auf die Spielmöglichkeiten an: ich schätze es, wenn ein Leitsystem sehr straight und sehr funktional ist. Das ist im Grunde auch das, was wir im Studiengang von Anfang an gelernt haben, nämlich viele Informationen auf die Essenz herunter zu brechen und die richtigen Häppchen zum richtigen Zeitpunkt anzubieten. Faszinierend ist außerdem, dass bei einem Leitsystem so viele Disziplinen zusammentreffen: Typografie, Architektur, Raum, Wahrnehmungspsychologie… Man muss z.B. einerseits Pläne lesen können, andererseits aber auch in der Lage sein, gestalterisch für unterschiedlichste Orte eine Sprache entwickeln zu können, die zu der jeweiligen Architektur und der Geschichte des Ortes passt.“