Porträt

Philipp Sackl-O’Neill, BA

Philipp Sackl-O’Neill hat bereits einige spannende Stationen in seinem Werdegang durchlaufen. So war er unter anderem bei Mozilla tätig und hat ein Start-up gegründet.

 

Jobbezeichnung: Product & UX Strategy Coach Meine Social URLs:

War es immer schon dein Plan, an der FH Informationsdesign zu studieren?

Nein, nach meinem AHS-Abschluss und anschließendem Zivildienst wollte ich zuerst etwas in Richtung Typografie und Grafik machen. Webdesign fand ich auch super, ich habe schon als 12-jähriger Websites für lokale Firmen gestaltet und Geld dafür bekommen. Das war vor dem Studium schon die Weichenstellung. Ich habe mich dann nach einem passenden Studium umgeschaut, und Informationsdesign hat mich gleich angesprochen.

Wo hast du dein Praktikum absolviert?

Ich habe Konrad Baumann gefragt, ob er eine Idee für mein Sommerpraktikum hat. Er hatte gute Kontakte zu der Abteilung bei BMW, die sich um Betriebsanleitungen kümmert. Mäßig spannend, habe ich mir gedacht, aber BMW einmal von innen zu sehen, fand ich gut. Als ich dann dort war, habe ich mir das interne Telefonbuch zunutze gemacht und so mit Leuten aus anderen Abteilungen Kaffeetermine vereinbart. Unter anderem mit jemanden von „Advanced Design“, wo ich letztendlich mein Pflichtpraktikum absolviert und meine Bacherlorarbeit geschrieben habe.

Wie ging es nach der Bachelorarbeit weiter?

Da kam dann die Frage auf, ob ich bei BMW bleibe. Das Problem war aber die damalige Wirtschaftskrise. Niemand konnte mir einen Arbeitsplatz versprechen. Glücklicherweise habe ich dann meinen Kollegen Thomas in der BMW-Kantine wiedergetroffen. Ich kannte Thomas von seinem Auslandssemester in Graz, und er hatte die Idee, dass wir uns selbstständig machen könnten. Das haben wir dann auch durchgezogen, ohne lange darüber nachzudenken.

Und mit welchem Unternehmen habt ihr euch dann selbstständig gemacht?

Wir haben ein kleines Designstudio mit dem Namen „envis precisely“ gegründet. So einen Wortwitz, den keine deutschsprachige Person aussprechen kann, als Namen zu nehmen, stellte sich später als Riesenfehler heraus. Glücklicherweise konnten wir BMW als unseren ersten Kunden gewinnen. Damals haben wir alles von In-Car-Interfaces bis zu mobilen Apps gestaltet. Es war eine sehr spannende Zeit. Unseren Businessplan haben wir in der Lobby von einem Youth Hostel in der Nähe vom Hauptbahnhof geschrieben. Wenig später kam Markus, ein weiterer FH-Absolvent, als dritter Gründer dazu. Langsam aber sicher ist das Studio dann gewachsen. In dieser Zeit ist haben wir dann auch die PUSH UX Konferenz entwickelt, die es heute immer noch gibt. Wir dachten, es wäre cool, eine eigene Konferenz als Vermarktungsplattform zu haben. Mit der Zeit wurde uns das Leben als Agentur-Leiter dann aber zu blöd. 70% meiner Zeit sind damals in Kundenakquise und andere administrative Tätigkeiten geflossen, anstatt in die Gestaltung selbst. 2013 haben wir das Studio dann letzendlich geschlossen.

Und was hast du danach gemacht?

Ich war mit meinen Bewerbungen sehr selektiv. Letztendlich sind Google und Mozilla als Optionen übriggeblieben. Weil ich mich nur bei diesen beiden Unternehmen bewerben wollte, habe ich mich für jede Bewerbung ordentlich ins Zeug gelegt. Für Mozilla habe ich eine kleine Website – readyformozilla.com – gebaut, die noch immer online ist. Das hat sehr gut funktioniert. Wenige Wochen später habe ich dort meine Arbeit remote von München aus begonnen.

Wie kann man sich das vorstellen - für Mozilla zu arbeiten?

Ich fand die Zeit bei Mozilla extrem spannend - über unterschiedliche Zeitzonen hinweg zu arbeiten und in die Welt des Silicon Valleys vorzudringen, war großartig. Ich habe an mehreren großen Redesigns des Firefox Browsers mitgewirkt sowie an der Überarbeitung der Suchfunktion. Der Browser ist sehr komplex, und es gab viel learning by doing. Es war nett, die Freiheit zu haben, von überall aus arbeiten zu können. Ich bin viel gereist und war z.B. längere Zeit in Vancouver und San Francisco.

Wie lange bist du dann bei Mozilla geblieben?

In meinen fünf Jahren bei Mozilla habe ich mich mit der Zeit immer mehr in Richtung Management orientiert. Zuerst leitete ich ein kleines Team, dann ein größeres, und am Ende war ich dann Head of Design für alle Firefox-Produkte. Nach einer gewissen Zeit habe ich dann aber so ein Sättigungsgefühl bekommen und gleichzeitig gab es Umbrüche im Unternehmen. Ich bin dann über Kontakte zum Freeletics, einem Fitness-App-Startup in München gekommen. Dort war die Stelle für den Director of UX frei. In den nächsten zwei Jahren habe ich bei Freeletics das UX Team geleitet und ausgebaut. Mit August 2021 habe ich jedoch aufgehört und mich stattdessen selbstständig gemacht. Ich will mir die Zeit geben, um an verschiedenen persönlichen Projekten zu arbeiten und unterschiedliche Branchen besser kennen zu lernen.

Das ist sehr mutig, vor allem bei deiner Vita!

Ja, ich bin in der Hinsicht auch etwas merkwürdig. Immer wenn ich mich zu sehr spezialisiere, bekomme ich das Gefühl, das mir etwas fehlt. Im Studium haben sich manche Kolleg:innen beschwert, dass alles so breit gefächert ist und nicht in die Tiefe geht. Ich fand aber gerade das immer schon besonders wertvoll. Einerseits weil ich die Möglichkeit hatte, viele verschiedene Dinge kennenzulernen, und andererseits, weil man gesehen hat, dass alles auf die gleichen Prinzipien zurückläuft. Man braucht immer ästhetisches Gespür, technisches Verständnis und man muss wissen, wie man mit Menschen auskommt, bzw. etwas für Menschen gestaltet, egal ob im Interface Design, im Ausstellungsdesign oder im Grafikdesign. Was würdest du den Leuten raten, die jetzt mit ihrem Studium fertig werden?

Was immer hilft ist Neugierde und zu versuchen, die großen Zusammenhänge zu verstehen. Die Prinzipien der Nutzer:innenzentrierung lassen sich auf viele Bereich des Arbeitslebens – zum Beispiel auch auf Bewerbungsprozesse – übertragen.