Der FH JOANNEUM liegen nun die externe Überprüfung, die von Univ.-Prof. Dr. Joseph Marko im Auftrag von Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl durchgeführt wurde, sowie eine Stellungnahme der Kommission für Wissenschaftsethik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vor. Beide kommen zu unterschiedlichen Ansichten und Handlungsempfehlungen:
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Die Kommission für Wissenschaftsethik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sieht in ihrer Stellungnahme „keinen Anlass für eine Ungültigerklärung der Beurteilung oder einen Widerruf des akademischen Grades“, obwohl sie die Arbeit begrenzt wissenschaftlich wertvoll in linguistischer Hinsicht und ungenügend hinsichtlich der wissenschaftsethischen Anforderungen bewertet. Die Kommission berücksichtigt dabei, „dass die wissenschaftlichen Anforderungen an eine Bachelorarbeit – im Vergleich zu Diplom- oder Masterarbeiten bzw. Dissertationen – generell nicht überspannt werden dürfen“. Zusätzlich weise die Arbeit „keine Passagen auf, die Strafbarkeit begründen könnten“.
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Univ.-Prof. Dr. Joseph Marko hingegen empfiehlt aufgrund seiner Untersuchung, die „Einleitung des […] Verfahrens zur ‚Ungültigerklärung‘ der Bachelorarbeit“ durch die Gremien der FH JOANNEUM u. a. aufgrund des Verstoßes gegen „Mindeststandards wissenschaftlicher Arbeit“ sowie „Fehlverhaltens betreffend Umgang mit Daten / Quellen“ nach den von der FH JOANNEUM in Konkretisierung des Fachhochschul-Studiengesetzes festgelegten rechtlichen Kriterien, die einen begründeten Verdacht der „Erschleichung der wissenschaftlichen Arbeit“ nahelegen. Joseph Marko kommt in seiner Untersuchung auch zum Schluss, dass es im konkreten Fall zu einer „Verkettung von Fehlinformationen und Fehlentscheidungen“ gekommen ist und empfiehlt, Maßnahmen zur Sicherstellung einer effektiven Qualitätssicherung zu ergreifen. Zusätzlich sollten Maßnahmen zur Sensibilisierung von Lehrenden an der FH JOANNEUM gesetzt werden, damit sichergestellt ist, dass „Wissenschaft und Ethik untrennbar miteinander verbunden sind“. Auch empfiehlt er die Weiterleitung dieser Untersuchungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft.
Vor dem Hintergrund der vorliegenden Überprüfungen der Bachelorarbeit setzt das Kollegium der FH JOANNEUM eine Kommission unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner (em. Professor für öffentliches Recht der Karl-Franzens-Universität Graz) ein. Diese Kommission wird die vorliegenden Untersuchungen bewerten und die Einleitung eines Verfahrens zur Ungültigerklärung der Bachelorarbeit „Die innerartliche Variation des menschlichen Vokaltrakts und der Stimme“ prüfen, um eine entsprechende Handlungsempfehlung für das Kollegium der FH JOANNEUM zu erarbeiten.
In Bezug auf eine allfällig strafrechtliche Relevanz der Bachelorarbeit hat die FH JOANNEUM bereits im Mai 2019 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde per 4. Oktober 2019 mitgeteilt, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen wird. Dennoch wurden die Untersuchungsergebnisse von Joseph Marko an die Staatsanwaltschaft übermittelt.
Das Ergebnis einer Prüfung der Akkreditierungsvoraussetzungen für den Studiengang „Logopädie“ durch die AQ Austria im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung ist noch ausständig.
Sensibilisierung zum Thema Wissenschaft und Ethik
Unabhängig von der rechtlichen Dimension sieht die FH JOANNEUM die Notwendigkeit, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Studierenden bezüglich wissenschaftlicher und ethischer Aspekte stärker zu sensibilisieren. Die FH JOANNEUM arbeitet an der Weiterentwicklung der Richtlinie zur Good Scientifc Practice. Des Weiteren wurde ein Schwerpunkt zu „Wissenschaft und Ethik“ gesetzt, in dessen Rahmen eine Reihe von Vorträgen, Workshops und Seminaren angeboten wird. Wissenschaftsethik wurde auch als zusätzliches Modul in die Hochschuldidaktische Weiterbildung integriert.
Qualitätssicherung
Bereits im Herbst 2018 wurden am Studiengang „Logopädie“ mit der Bestellung der neuen Studiengangsleitung die Richtlinien und Prozesse für die Anfertigung von Bachelorarbeiten grundlegend überarbeitet. Darüber hinaus wurde zur Qualitätssicherung in allen Studiengängen ein Audit eingeleitet, das die Prozesse der Abwicklung von Abschlussarbeiten analysiert und entsprechende Maßnahmen initiiert.
Wir möchten nochmals, wie in der Stellungnahme vom Mai 2019, ausdrücklich festhalten, dass die Inhalte der betreffenden Bachelorarbeit in keinster Weise den Werten der FH JOANNEUM entsprechen und wir alle Maßnahmen ergreifen, um derartige Vorfälle zu verhindern.