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43. Thermenkreis: Überleben in der Wildnis – nur mit einem Messer

Für viele Menschen ist Wald mehr als nur \”Nutzfläche\”, auf der statt Mais und Kürbis zukünftiges Bau- und Brennholz wächst. Wald ist auch jener Teil der Landschaft, deretwegen Tausende von Menschen ins Thermen- und Vulkanland pilgern. Für DI (FH) Bernd Pfleger wurde der Wald einen Monat lang zum Lebensraum, ausgestattet mit nur einem Messer. Von seinen Erfahrungen erzählt er am kommenden Donnerstag beim 43. Thermenkreis.

Für Touristikerinnen und Touristiker ist Wald ein zentrales Element jener lieblichen Landschaft, deretwegen Tausende von Menschen ins Thermen- und Vulkanland pilgern, um gerne ihr Geld gegen Lebensfreude zu tauschen. Für Stressgeplagte eröffnet der Wald einen Erholungsraum, wo lichtes Grün des frischen Buchenlaubes verzaubert, frische Luft aufatmen lässt, Vogelgezwitscher inspiriert und schützender Abstand zur Hektik des Alltags eine Rückkehr zu innerer Ruhe und zum Gespür für das Wesentliche ermöglicht. So kann man wieder gestärkt und zielstrebig den Herausforderungen einer komplexen Lebenswelt entgegentreten.

Wald als Sinnbild der Natur

Wald ist somit die Quelle von unverzichtbaren Ressourcen wie Energie und Baustoffe, Sauerstoff, Ruhe und Inspiration. Doch erfüllt Wald auch wichtige transzendente Bedürfnisse, weil mit diesem eigentümlichen Raum Fragen danach verknüpft sind, wer wir sind: Wald repräsentiert als Sinnbild der „Natur“ den Gegenpol zu unserer vertrauten Welt der „Kultur“, die durch kontrollierbare und berechenbare Ordnung gekennzeichnet, eben „kultiviert“, ist. Darum gedeihen in unserer Kulturwelt auch „kultivierte“ Pflanzen nach ausgefeilten Plänen von vorausschauenden Menschen … (bis die ungezügelten Kräfte der „Natur“ in Gestalt von Dürren, Überschwemmungen oder Frost unsere Ordnung wieder mal sabotieren …).

Wald als Gegenwelt

Im Wald dominieren die Gesetze der „Natur“ mit ihren vielschichtigen Kräften wie Witterung oder kleine und große Tierchen, die unsere menschlichen Spuren langsam, aber sicher abtragen. Doch in eben dieser Andersartigkeit liegt die Magie des Waldes, der darum auch einen zentralen Handlungsort in Märchen und Sagen darstellt. Denn wo andere Gesetze als jene der Rationalisierung, Standardisierung, Vermarktung und Kontrolle gelten, dort herrschen fremde Zauberwesen, gedeihen Träume und locken Abenteuer.

Wald als Abenteuer

Kindern und jenen, die ihr inneres Kind bewahren konnten, dient darum Wald als wertvoller „Schul-Raum“. Hier können all jene Fertigkeiten spielerisch und ohne Leistungsdruck ausprobiert und eingeübt werden, die für ein zukünftiges erfolgreiches Leben in unserer dynamischen Wissenskultur unverzichtbar geworden sind. Dazu zählen Fertigkeiten wie Entdeckergeist und Kreativität, die damit verbundene Eigenständigkeit und Eigenverantwortung und daraus erwachsend Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Denn der Wald liegt außerhalb des Radars von Helikopter-Eltern- und Polizeistreifen. Ach-so-wichtige, strenge Regeln der Erwachsenenwelt scheinen im Wald außer Kraft gesetzt zu sein. Hier gibt es weder Verkehrsampeln noch betrunkene Verkehrsrowdys. Doch herrscht im Wald eine eigene Ordnung mit eigenen, zu entdeckenden Regeln: Auf eigene Faust in diese „fremde“ Welt „aufzubrechen“ und zur Forscherin beziehungsweise zum Forscher zu werden, eröffnet Kindern ein unbezahlbares Abenteuer, das kein Spielzeug ersetzen kann …

Dabei ist dieses Abenteuer nahezu kostenlos, ungefährlicher als Straßenverkehrsflächen und zudem äußerst gesundheitsförderlich. Denn wer durch den Wald tobt, bewegt sich, tut dem Körper damit Gutes, anstatt vor dem Smartphone zum „Smombie“ zu verkümmern.

Wald als wirtschaftliche Ressource

Den Traum, im Wald zu leben, heute noch zu realisieren wird immer schwieriger, denn die letzten noch existierenden, echten Wildnisgebiete fallen in rasantem Tempo schwerem Rodungsgerät und Baumaschinen zum Opfer. 4,2 Millionen Hektar Urwald – das entspricht der halben Fläche Österreichs – wird jährlich in unsere globale Wirtschafts- und Lebenskultur „integriert“, um wie in Brasilien billige Sojabohnen für eine kostengünstige Schweinemast in Europa anzubauen, oder wie in Indonesien billiges Palmöl für noch billigere Lebensmittel! Auf diese Weise werden täglich 135 Lebensformen ausgerottet, 50.000 Arten jährlich. Dies gilt auch für Europa, wo die Gesamtfläche an Wald zwar zunimmt, jedoch Urwälder besonders in wirtschaftlich schwächeren Ländern Osteuropas weiterhin im großen Stil geschlägert werden.

Überleben im Wald …

… das musste Bernd Pfleger am eigenen Leib erfahren, als der Biologe und Wildnis-Guide seinen Traum verwirklichte und zum „Waldmensch“ wurde. Sein Ziel: einen Monat im Urwald des Poloniny Nationalpark in den polnisch-slowakischen Karpaten fernab jeder Zivilisation zu überleben, ausgerüstet nur mit seiner Tageskleidung und einem Taschenmesser. Dazu ernährte er sich von Wasser, Pflanzen und Insekten, übernachtete in einem Laubverschlag, rang mit Steinzeitmethoden der feuchten Wildnis Feuer ab, fror, hungerte, verlor 25 Kilo Körpergewicht … und begegnete Holzfällern, die mitten im Nationalpark ihren Job machten, indem sie uralte Baumriesen für den österreichischen Markt schlägerten …

In seiner Life-Reportage beim 43. Thermenkreis schildert Bernd Pfleger mit eindrucksvollen Fotos von seinem Abenteuer in der Wildnis. Dieser Abend wird zur Chance, bewegende Einblicke in einen der letzten unberührten Flecken Europas zu gewinnen und die Bedeutung des Waldes hautnah zu erleben.

DI (FH) Bernd Pfleger
ist Biologe, Wildnis-Guide und Vortragender unter anderem an der FH JOANNEUM zum Thema Naturpädagogik, Erlebnisinszenierung und Wildnisschutz. Er organisiert und leitet Reisen in Wildnisgebiete weltweit.

Der Thermenkreis ist eine Veranstaltung der FH JOANNEUM, des Kurhauses, des Tourismusverbands Region Bad Gleichenberg und des Vulkanlandes.

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