Porträt

Viktoria Holzmann

Mein Auslandspraktikum am Imperial College London, Department for Haematology.

 
Anreise und Unterkunft

Flüge nach London sind verhältnismäßig günstig, vorausgesetzt man bucht früh genug. Das kann man hingegen von einer Unterkunft in London nicht behaupten. Grundsätzlich wird der Mietpreis pro Woche angegeben, wahrscheinlich weil der Monatsmietpreis so erschreckend hoch ist. Ich hatte aber zumindest mit der Lage meiner Unterkunft Glück, denn das Studierendenwohnheim war nur einen zehnminütigen Fußweg vom Krankenhaus entfernt.

Arbeitsplatz, Kolleginnen & Kollegen, Betreuung

Ich habe mein Praktikum an einem Forschungsinstitut des Imperial College London absolviert und konnte bei einem Forschungsprojekt zum Thema „Targeting proteostasis addiction in cancer“ mitarbeiten. Meine Ergebnisse sind sogar in das abschließende Paper eingeflossen. Das Team bestand aus meinem Supervisor Holger Auner, der Post-Doc Katarzyna Parzych, mit ihr arbeitete ich hauptsächlich zusammen, und Sandra Loaiza, die gerade an ihrem Doktorat arbeitete. Im Labor waren auch noch andere Forschungsgruppen tätig, mit denen wir die Laboreinrichtungen teilten.

Mein Arbeitsalltag verlief grundsätzlich so: Mir wurde etwas in der Praxis vorgezeigt, das ich dann unter Beobachtung nachmachen sollte. Im Anschluss daran arbeitete ich selbstständig, obwohl ich natürlich immer nachfragen konnte, um auch wirklich alles zu verstehen. Verständnis wurde generell sehr groß geschrieben. Man stellte mir beispielsweise eine Vielzahl an Reviews und Articles zur Verfügung, um mich in das Thema einlesen zu können. Außerdem konnte ich mich jederzeit mit allen Fragen an meinen Supervisor wenden.

Jeden Mittwoch gab es ein Lab Meeting, in das ich von Anfang an integriert war. Beim Meeting wurden aktuelle Ergebnisse und weitere Vorgehensweisen besprochen. Nach den ersten Wochen selbstständiger Arbeit durfte ich meine Ergebnisse präsentieren und diese – so gut ich es konnte – interpretieren. Auch wenn ich das vermutlich nicht immer großartig gemacht habe, war es dennoch eine wirklich gute Übung für mich.

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Foto: Viktoria Holzmann
Fachliche Kompetenz

Hauptsächlich ging es bei meiner Arbeit um die relative Quantifizierung von mRNAs unterschiedlicher Gene, um auf diese Weise die zelluläre Antwort auf proteotoxischen Stress, induziert durch spezifische Inhibitoren und Nährstoffmangel, besser verstehen zu können. Demnach war meine Hauptaufgabe, die ich völlig selbstständig erledigte, das Herstellen von cDNA aus bereits isolierter mRNA vorangegangener Experimente, die darauffolgende Durchführung von qPCRs und deren Auswertung mit Hilfe der ΔΔCt-Methode.

Darüber hinaus hatte ich die Möglichkeit, bei mehreren Westernblots zuzusehen und bekam in der Zellkultur meine eigenen Zellen „to play with“. Das diente der Routinierung der sterilen Arbeitsweise und nachdem ich meine erste Zellfamilie durch Kontamination vernichtet hatte, indem ich eher Bakterien als Zellen kultivierte, funktionierte es einwandfrei. Daher durfte ich weiterhin bei Arbeiten in der Zellkultur helfen. Bei einem Experiment war ich von Anfang an dabei, das ich später sogar eigenständig wiederholten konnte. Bei dem Experiment ging es darum, bei Lungenkarzinomzellen, welche in unterschiedlichen Nährstoffmilieus kultiviert wurden, proteotoxischen Stress durch Zugabe von CB-5083, Bortezomib und Tunicamycin auszulösen und bei Zellen unter denselben Bedingungen zusätzlich ein Enzym zu inhibieren, um dessen Einfluss auf die Exprimierung gewisser Gene genauer zu betrachten. Ich arbeitete bei der Herstellung verschiedener Nährmedien, der Behandlung der Zellen mit Medikamenten, dem Abernten der Zellen und der mRNA-Gewinnung mit: also bei all den Schritten, die vor der eigentlichen Auswertung des Experiments mittels qPCR nötig sind. Danach wertete ich die Ergebnisse selbstständig aus.

Ein paar Eindrücke von Viktoria Holzmanns Auslandspraktikum

Land und Kultur

London ist für mich die schönste und leider die teuerste Stadt, in der ich jemals gewesen bin. Auch wenn es nicht das Wetter ist, das einen dort hinzieht. Obwohl die Stadt – bezogen auf die Einwohnerinnen und Einwohner – gleich groß ist wie Österreich, ist London mit den vielen und teilweise auch riesigen Parks irrsinnig grün. Man kann einfach von einer fünfspurigen Straße in einer Millionenstadt direkt in einen Rosengarten spazieren, in dem kein Verkehr mehr zu hören ist und viele Londoner, gerade am Wochenende, Picknicks veranstalten.

Es kommen in London viele verschiedene Nationen zusammen, was sich vor allem in der Esskultur widerspiegelt. Meiner Meinung nach kann man durchaus auf die britische Küche verzichten, denn man hat immer die Möglichkeit, libanesisch, mexikanisch, thailändisch, malaysisch, spanisch, tibetisch, brasilianisch, indisch, türkisch, griechisch, argentinisch oder äthiopisch essen zu gehen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wirklich britisch sind die abendlichen Besuche in Pubs, bei denen man mit einem Bier in der Hand verschiedene Sportereignisse – in meinem Fall war das die Fußball-EM – mitverfolgen und dabei neue Leute kennenlernen kann.

In der Stadt ist immer etwas los, sei es die Pride Parade, diverse Pub Crawls, Hunderennen, Food Markets oder Open-Air-Veranstaltungen wie Music Festivals mitten in den Londoner Parks. Die Stadt ist wunderschön und so riesig – es begeistert mich noch immer, dass es rund 1000 verschiedene Buslinien gibt –, dass ich es in zweieinhalb Monaten nicht einmal ansatzweise geschafft habe, mir alles anzusehen. Ich wollte gar nicht mehr zurück nach Österreich und weiß schon jetzt: Ich werde mit Sicherheit wieder nach London kommen, das nächste Mal hoffentlich für längere Zeit.