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Foto: Lex Karelly / Schauspielhaus Graz

Erfahrungsbericht: WIR – Eine Grenzerfahrung

Alexander Moschitz,

Alexander Moschitz, Absolvent des Studiengangs „Soziale Arbeit“, spricht über blinde Flecken und ein Projekt, das zum Nachdenken und Umdenken anregt.

Vor etwa sechs Monaten kamen Studierende von „Soziale Arbeit” an der FH JOANNEUM im Rahmen des Projekts „Wochenende für Moria Graz“ auf mich zu, um gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen, welches auf die menschenunwürdige Situation an den EU-Außengrenzen aufmerksam machen sollte. Schnell entstand dabei eine Idee, mit der wir ans Schauspielhaus Graz herangetreten sind.

Das Schauspielhaus Graz griff die Idee auf und organisierte daraufhin Workshops im Rahmen des hausinternen Projekts „Wir - Eine Grenzerfahrung“. Schnell hatten wir uns in der Gruppe auf das Thema “Anti-Rassismus” geeinigt. Rassifizierung und die damit einhergehende Abwertung von “People of Color” ist der Kern der menschenverachtenden Grenzpolitik der Europäischen Union. Rassismus als solcher ist nicht immer sichtbar – vor allem nicht aus einer privilegierten Position – und dennoch tragen wir alle rassistischen Muster und Verhaltensweisen in uns. Laut Alice Hasters („Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“) sind wir davon überzeugt, dass nur die bewusste Auseinandersetzung mit eigenen blinden Flecken und problematischen Verhaltens- beziehungsweise Denkweisen zu einer egalitäreren Gesellschaft führen kann.

Schließlich konnten wir die Vereine Chiala & Jaapo gewinnen, die Workshops zum Thema für uns abhielten. Die FH JOANNEUM, das Alternativreferat der ÖH Uni Graz sowie das Schauspielhaus Graz unterstützen uns dabei finanziell. Teilnehmende waren vor allem Studierende des Studiengangs „Sozialen Arbeit”. Auch wir als Organisator:innen haben am Workshop teilgenommen.

Persönlich war der Workshop auf mehreren Ebenen bereichernd: Auf der Wissensebene wurden uns beispielsweise Statistiken zu rassistischen Vorfällen gezeigt, die bedrückend waren. Zudem wurden zahlreiche Begriffe bzw. Phänomene und deren Tragweite betrachtet - etwa „Racial Profiling” oder „Eurozentrismus”. Eine weitere eindrückliche Methode war die gemeinsame Betrachtung von Rassismus Erfahrungen. Ich habe diesen Teil unter anderem mit einer Person of Color gemeinsam bearbeitet. Vor allem deshalb wurde auffällig, wie umfangreich rassifizierte Personen benachteiligt und diskriminiert werden. Auch wurde klar ersichtlich, wie groß die asymmetrische Ignoranz in unserer Gesellschaft ist. Kaum jemand konnte etwa eine:n Präsident:in am afrikanischen Kontinent nennen. Ähnlich dürftig war das geografische oder geschichtliche Wissen.

In der abschließenden Reflexion beziehungsweise auch in den Tagen danach haben mich die beschriebenen Gefühle weiter beschäftigt. Sie zeigen mir auf, dass wir öfter genauer hinsehen müssen, dass wir uns zu Verbündeten machen müssen und unsere Privilegien den Nicht-Privilegierten zur Verfügung stellen müssen. Nur so können wir Ungerechtigkeiten dieser Welt beseitigen.