Ein Abend geprägt von persönlichen und emotionalen Geschichten: Am Mittwoch, dem 11. Mai 2016 fand der dritte Teil der Diskussionsreihe Flucht.weg.EU an der FH JOANNEUM statt. VertreterInnen aus verschiedenen politischen Lagern diskutierten zum Thema „Migration und Politik: Innen- und EU-Politik“.
Der Film beginnt. Es wird ein modernes Aleppo gezeigt: schöne Häuser, belebter Verkehr, lebendige Straßen, klassisches Leben in der Stadt.
Schnitt.
Bilder einer zerbombten Stadt, verzweifelte Menschen, die ihre schwer verletzten, teils toten Kinder im Arm halten und vor den Trümmern ihrer Häuser stehen – das ist Aleppo nach dem Krieg. Das Video zur Einstimmung in den Abend stammt von Mohamad Mulham Abo Radan und soll nicht nur die syrische Stadt Aleppo zeigen, sondern auch an Mohamads in Syrien verstorbene Freunde erinnern.
Der letzte Kinderarzt von Aleppo
Zum Beispiel an Dr. Muhammad Maaz, der letzte Kinderarzt von Aleppo. Kurz bevor er am 28. April 2016 seine Nachtschicht antreten wollte, kam er bei einem Luftangriff auf das syrische Krankenhaus im Alter von nur 36 Jahren ums Leben.
Auch die steirische Landtagsabgeordnete Cornelia Schweiner gab in ihrem Impulsvortrag emotionale Einblicke in den Alltag mit ihrem 12-jährigen syrischen Pflegekind Omar. Auch er verfolgte die Bilder aus Syrien in den Medien mit und fragte „Mama, was bedeutet #SaveAleppo?“. Er versteht auch nicht, warum gerade er überlebt hat.
Politische Ratlosigkeit
Schweiner erzählte auch von ihren Erfahrungen an der Grenze in Spielfeld und den bürokratischen Schwierigkeiten wie beispielsweise Busse für die Menschen zu organisieren. Sie erzählt auch von Bad Radkersburg und dem Tag, an dem hunderte Menschen zwei Polizisten an der Grenzbrücke regelrecht niederrannten. Die Situation sei auf die Ratlosigkeit der Politik zurückzuführen, es habe einfach keine Vorbereitung gegeben. Niemand habe versucht irgendwen zu kontrollieren oder zu ordnen, erzählte Schweiner.
Lösungen auf EU-Ebene
Nach einer angeregten Podiumsdiskussion und vielen Beiträge aus dem Publikum kristallisierten sich einige wesentliche Aspekte heraus. Vor Allem der Wunsch nach gesamteuropäischen Lösungen und nach Partnern auf EU-Ebene wurde laut. Auch an der Dublin-Verordnung, nach der Flüchtende in jenem EU-Land Asyl ansuchen müssen, das sie als erstes betreten, wurde kein gutes Haar gelassen. Es sei ein völlig unsolidarisches System, dass die Verantwortung auf ein paar wenige Länder abwälzt. Vor allem Stimmen aus dem Publikum forderten von der Politik, weniger hochpolitische Diskussionen zu führen und dafür praxisbezogener zu agieren.
#SaveAleppo: Wird vor allem auf Twitter verwendet, um gegen das Bombardement auf die syrische Stadt Aleppo zu protestieren.
Geladene Gäste der Podiumsdiskussion:
Keynote-Speakerin: Cornelia Schweiner (Steirische Landtagsabgeordnete) in Vertretung von Landesrätin Doris Kampus
Kurt Hohensinner (Integrationsstadtrat Graz, ÖVP)
Alev Korun (Nationalratsabgeordnete, Die Grünen)
Nikolaus Scherak (Nationalratsabgeordneter, NEOS)
Peter Stradner (Bürgermeister Marktgemeinde Wagna, SPÖ) war leider erkrankt
Titelfoto: Jordi Bernabeu via Visual hunt / CC BY
Die nächste Veranstaltung der Vortragsreihe FLUCHT.weg.EU findet am 9. Juni 2016 um 18 Uhr im Audimax an der FH JOANNEUM Graz statt und beschäftigt sich mit dem Thema Migration und Wissenschaft | „Sozialpädagogik & Soziale Arbeit“.