Im Rahmen des Global Entrepreneurship Monitors wurde am 14. Juni 2017 der Bericht zur Lage des Unternehmertums in Österreich präsentiert. Zum zweiten Mal nach 2014 wurde bei diesem weltweit größten Benchmark zur unternehmerischen Aktivität auch das Spezialthema Forschung, Technologie und Innovation (FTI) für Österreich untersucht.
Insgesamt waren 2016 über 540.000 Personen, also 9,6 Prozent der ÖsterreicherInnen zwischen 18 und 64 Jahren aktiv mit einer Unternehmensgründung beschäftigt oder als InhaberIn und GeschäftsführerIn eines neuen Unternehmens tätig.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass das unternehmerische Potenzial in Österreich zunehmend ausgeschöpft wird. Erfreulich dabei ist, dass JungunternehmerInnen vermehrt auf Forschung, Technologie und Innovation setzen“, erläutert Doris Kiendl, Leiterin des Instituts International Management der FH JOANNEUM und des GEM Österreich Teams sowie Verantwortliche für die Studie.
Die FH JOANNEUM mit ihrem Institut für Internationales Management ist als Partner des GEM seit 2005 für die Erhebung von Start-Ups und etablierten Unternehmen in Österreich verantwortlich. „Der hohe Anteil bei den technologiebasierten jungen Unternehmen ist erfreulich – diese Unternehmen wachsen schneller und sind international tätig. Aufholbedarf gibt es etwa bei den universitären Spin-offs, hier liegt die Dynamik hinter jener der Innovation Leader, bei der Finanzierung und im Bereich Risikokapital. Der Wandel geht in die richtige Richtung, aber es gibt noch einiges zu tun“, ergänzt Eric Kirschner, Co-Autor von JOANNEUM RESEARCH.
Die GEM Ergebnisse zeigen, dass FTI-UnternehmerInnen einen hohen Internationalisierungsgrad aufweisen. Rund 21,7 Prozent aller FTI-intensiven UnternehmerInnen (Unternehmen mit einem Schwerpunkt auf Forschung, Technologienutzung oder Innovation), geben an, mehr als 75% ihrer Kundinnen und Kunden im Ausland zu bedienen.
„Unser Ziel ist, Österreich in die Gruppe der Innovation Leader zu bringen. Dafür müssen wir den Gründergeist stärken, Unternehmensgründungen forcieren und schneller von der wissenschaftlichen Idee zur Anwendung kommen. Eineinhalb Jahre nach Ausrufung der ‚Land-der-Gründer‘-Initiative sei viel an Grundlagenarbeit geleistet worden. Doppelgleisigkeiten seien abgebaut worden, die Koordination mit den Bundesländern funktioniere besser, und auch die Kritik, Österreichs Universitäten brächten zu wenige Spin-offs hervor, gelte nicht mehr; wie die vielen qualitativ hochwertigen Einreichungen beim Österreichischen Gründerpreis ‚Phönix‘ zeigen, mit dem das BMWFW herausragende Forschungsleistungen und innovative Produktideen auszeichnet und damit Entrepreneurship an Universitäten und Forschungseinrichtungen fördert,” so Forschungs- und Wirtschaftsminister Harald Mahrer.
„Trotz der Ergebnisse von GEM hinsichtlich ausreichender Förderungsmöglichkeiten, müssen wir den Fokus noch stärker auf leichteren Finanzierungszugang in der Wachstumsphase legen”, ergänzt Mahrer.
Der Anteil der Spin-off-Gründungen wuchs laut der aktuellen Studie und beläuft sich nunmehr auf 10,7 Prozent der JungunternehmerInnen. Überdies stützen 23,1 Prozent der JungunternehmerInnen ihre Geschäftstätigkeit auf Forschung und Entwicklung. 20,8 Prozent der JungunternehmerInnen schaffen in ihrer Geschäftstätigkeit F&E.
„Der GEM zeigt einmal mehr, wie groß das Potenzial von Start-Ups ist. Mein Ressort unterstützt junge und innovative Unternehmen genau dann, wenn sie es am nötigsten brauchen, nämlich in der ersten Wachstumsphase. Wir übernehmen die Lohnnebenkosten der ersten MitarbeiterInnen über drei Jahre. Und wir unterstützen mit unserer neuen Förderschiene ‚Early Stage‘ verstärkt Klein- und Mittelbetriebe dabei, riskante Projekte und neue Ideen umzusetzen“, ergänzt Jörg Leichtfried, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.
„Als Förderbank des Bundes unterstützt die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws) österreichische Unternehmen von Beginn an durch Finanzierung und Coaching dabei, Ideen umzusetzen, neue Produkte zu entwickeln und bis zum Markterfolg zu führen. Wie der aktuelle GEM Report erfreulicherweise zeigt, hat Unternehmertum in Österreich neuerlich an Dynamik gewonnen und auch die Wichtigkeit des Schutzes von geistigem Eigentum wird zunehmend als bedeutsamer Geschäftsfaktor wahrgenommen, was auch den verstärkten internationalen Wettbewerb illustriert“, sagt Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der aws.
Wie bereits in den Vorgängerstudien wird das österreichische Förderwesen von ExpertInnen sehr gut bewertet und befindet sich auch im europäischen Vergleich im Spitzenfeld. Das österreichische Fördersystem wird zudem auch durch Expertinnen und Experten als besonders fördernder Faktor beschrieben, wobei insbesondere die Vielfältigkeit und Individualität des Angebotes hervorgehoben wird.
„Potenzielle und bereits etablierte Unternehmen haben mindestens eine Gemeinsamkeit: Sie benötigen Kapital und Gestaltungsspielraum, um ihre Ideen umzusetzen. Eine kluge Wirtschaftspolitik schafft dafür optimale Rahmenbedingungen und Angebote. Als Finanzminister ist für mich klar, dass vor allem die Balance zwischen „fordern“ und „fördern“ stimmen muss. Oberste Prämisse für die Verwaltung hat auch zu sein, Innovation nicht nur zu ermöglichen, sondern auch selbst zu leben. Untersuchungen wie der GEM sind dabei ein willkommener Gradmesser. Es freut mich, dass der aktuelle Befund den eingeschlagenen Weg bestätigt.“, meint der Bundesminister für Finanzen Hans Jörg Schelling.
GEM bestätigt, dass die Finanzierungssituation von Unternehmen in Österreich aktuell besser bewertet wird als 2014. Neben traditionellen Finanzierungsquellen weisen die Ergebnisse eine häufigere Nutzung alternativer Finanzierungsformen wie Inkubatoren und Business Angels aus. Die APS zeigt: 28,6 Prozent aller sogenannten informellen Investoren geben an, Fremde mit guten Geschäftsideen zu finanzieren.
Viel Licht, aber auch Schatten
„Der Anstieg bei der Rate des frühen Unternehmertums sowie die Ergebnisse im FTI-Bereich widerspiegeln die Dynamik des Unternehmens- und FTI-Standortes Österreich und die Bedeutung der heimischen Unternehmen für unser Land“, betonte Mag. Ulrike Rabmer-Koller, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich. „Bei all den erfreulichen Ergebnissen darf man jedoch nicht vergessen, dass der aktuelle GEM auch klare Handlungsempfehlungen formuliert, wie zum Beispiel die Entbürokratisierung voranzutreiben, die Steuer- und Abgabenlast zu senken, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu erleichtern und unternehmerisches Denken schon im Schulbereich zu fördern“, so Rabmer-Koller.
„Österreich zeichnet sich im Gründungsbereich zwar durch ein herausragendes Fördersystem aus, konterkariert dieses aber gleichzeitig mit den im internationalen Vergleich schlechten Rahmenbedingungen. Eine hohe Steuerlast, langwierige bürokratische Abläufe und veraltete Bestimmungen lassen viele UnternehmerInnen schon früh straucheln und sogar scheitern. Wir brauchen nicht immer mehr kleinteilige Förderprogramme, sondern einen großen Wurf an unternehmerfreundlichen Rahmenbedingungen“, kritisiert Dr. Hannes Androsch vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung.
Die angesprochenen Strukturen spiegeln sich auch in den Ergebnissen zur unternehmerischen Einstellung wider. Mit 49,6 Prozent der ÖsterreicherInnen sehen sich knapp die Hälfte als ausreichend kompetent an, ein Unternehmen zu gründen. Gleichzeitig jedoch geben 46,2 Prozent der befragten Personen an, Angst vor dem Scheitern zu haben.
Dennoch: Österreich befindet mit 9,6 Prozent JungunternehmerInnen an zehnten Stelle der innovationsbasierten Länder und an fünften Stelle innerhalb der teilnehmenden EU-Länder. Eine leichte Steigerung gegenüber dem Jahr 2014 um 0,9 Prozentpunkte unterstreicht die heimische Gründungsdynamik.
Der GEM Report Österreich wird unterstützt vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, dem Bundesministerium für Finanzen, der Wirtschaftskammer Österreich, der Wirtschaftskammer Steiermark, der Wirtschaftskammer Wien, dem Austria Wirtschaftsservice, dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung und JOANNEUM Research.
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