Forschung

Josef Ressel Zentrum für Zeitreihenbasierte Fehlervorhersage und -vermeidung

 
Josef Ressel Zentrum für Zeitreihenbasierte Fehlervorhersage und -vermeidung 6

Ausfälle von Maschinen in industriellen Prozessketten können schwerwiegende finanzielle Auswirkungen nach sich ziehen. Wartungsarbeiten zum optimalen Zeitpunkt sowie das Erkennen und die Vorhersage von kritischen Produktionssettings tragen dazu bei, solche Ausfälle zu verhindern. Im Josef Ressel Zentrum am Institut Software Design und Security der FH JOANNEUM Kapfenberg wird ein datenbasiertes Modell entwickelt, das Fehlfunktionen und Ausfälle von Maschinen und Prüfgeräten vorhersagen und in Folge verhindern soll.

Das Josef Ressel Zentrum für Zeitreihenbasierte Fehlervorhersage und -vermeidung wird von der Christian Doppler Forschungsgesellschaft und dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft unterstützt. Unternehmenspartner sind AVL DiTEST und voestalpine Tubulars.

Optimale Planung von Wartungsarbeiten und unvorhersehbare Ereignisse

Die Frage, wie oft und wann in der Industrie genutzte Maschinen gewartet werden sollen, zeigt ein Dilemma auf. Wird die Wartung in zu geringen Intervallen durchgeführt, obwohl die Maschinen sie noch nicht benötigen, führt dies zu Zeiteinbußen und zusätzlichen Kosten. Andererseits steigt die Wahrscheinlichkeit für Fehlfunktionen je länger auf eine Funktionsüberprüfung der prozessrelevanten Maschinen verzichtet wird. Zusätzlich kann jederzeit, sogar bei perfekt gewarteten Maschinen eine ungünstige Kombination aus Maschinenzustand und Setting der Produktionsparameter zu kritischen Situationen führen. Im schlimmsten Fall droht dadurch ein kompletter Ausfall der industriellen Prozesskette, dessen Behebung sehr zeit- und kostenintensiv ist.

Zur Entschärfung dieses Dilemmas entwickelt das Forschungsteam des Josef Ressel Zentrums Modelle, die auf Zeitreihendaten basieren. Dabei handelt es sich um zeitlich aufeinander folgende Messwerte von Sensoren zum Zustand der verschiedenen Maschinenkomponenten. Diese Zeitreihendaten werden verwendet, um Fehler vorherzusagen, die einerseits durch rechtzeitige Wartung vermieden werden können − ein Konzept, das als Predictive Maintenance bekannt ist.

Andererseits kann auch ein ungünstiges Setting der Produktionsparameter zu unerwarteten Fehlern führen: Die Produktion ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die bei optimalem Zusammenspiel einen reibungslosen Produktionsablauf und eine gute Produktqualität gewährleisten. Allerdings kann es bei einer ungünstigen Überlagerung einzelner Parameter zu Abweichungen in der Prozessführung kommen, die bis zum Anlagenstillstand und im schlimmsten Fall zu Werkzeugbrüchen und Anlagenschäden führen können. Die beeinflussenden Parameter umspannen einen weiten Bogen von unzureichenden Umformtemperaturen, über grenzwertige Schmiermittelkonzentrationen bis hin zu falschen Walzwerkseinstellungen.

Durch die zeitreihenbasierte Fehlervorhersage werden zwei potenzielle Risiken ausgeschlossen: Ausfälle in der Produktion aufgrund technischer Probleme und die unbeabsichtigte Herstellung fehlerhafter Produkte aufgrund defekter Maschinen und Prüfgeräte.

Datenanalyse mittels Machine Learning und Künstlicher Intelligenz

Eine besondere Herausforderung dieses Projekts ist, dass die aus Sensoren gewonnenen Zeitreihendaten zu den Zuständen der Maschinen oft nicht mit vergangenen Ausfällen und deren technischen Ursachen verknüpft sind. Um dennoch bestmögliche Erkenntnisse zu gewinnen, wurde ein dreiphasiger Forschungsplan entworfen. In Phase 1 wird mittels Machine Learning eine Verbindung zwischen den Daten und den technischen Ursachen hergestellt. In Phase 2 werden Modelle zur Fehlervorhersage entwickelt. Und in Phase 3 gilt es, mithilfe von Künstlicher Intelligenz und klassischer Statistik interpretierbare Erklärungen für die Ergebnisse von Phase 2 zu erhalten. Die Phasen laufen aber keinesfalls linear hintereinander ab, sondern sind aufgrund ihrer Abhängigkeiten voneinander zyklisch miteinander verwoben, was die Effizienz und den Erkenntnisgewinn maximiert.

Ziel des Josef Ressel Zentrums für Zeitreihenbasierte Fehlervorhersage und -vermeidung ist es, am Ende der Projektlaufzeit im Jahr 2028 ein generalisiertes Modell zur Fehlervorhersage und -vermeidung entwickelt zu haben, das in der Industrie einsatzbereit ist. Die Forschung wird die Basis für weniger Ausfälle und Fehler sowie für mehr Sicherheit, Effizienz Kosten- und Zeitersparnis in industriellen Prozessketten schaffen.

Fördergeber

In Josef Ressel Zentren wird anwendungsorientierte Forschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Forscher:innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Josef Ressel Zentren werden vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert.

Unternehmenspartner

Vonseiten der Industrie fördern AVL DiTEST und voestalpine Tubulars das Forschungsvorhaben. Die beiden Partnerunternehmen stellen für die Forschung im Josef Ressel Zentrum Daten und Know-how zur Gerätearchitektur und deren Anwendung zur Verfügung. Im Fokus der Untersuchungen stehen bei AVL DiTEST portable Messgeräte, welche die Partikelemission von Dieselfahrzeugen messen. Die Geräte werden von Prüforganisationen und Werkstätten eingesetzt. Bei voestalpine Tubulars geht es um den komplexen Prozess der Produktion von nahtlosen Stahlrohren. So stellt Voestalpine Tubulars dem Projektteam mehr als 500.000 hochaufgelöste Produktionsvorgänge für die Analyse zur Verfügung. Und AVL DiTEST liefert alle relevanten Parameter von 20.000 im Feld befindlichen Geräten.

Foto: voestalpine Tubulars