Boxenstopp bei joanneum racing graz #05: Die Elektrik
Teamleader Valentin Keck (dritter von rechts) mit seiner Baugruppe „Electrics“. Foto: © FH JOANNEUM / joanneum racing graz

Boxenstopp bei joanneum racing graz #05: Die Elektrik

Michael Rothschädl,

Herzlich Willkommen zum fünften Teil der Beitragsreihe zu joanneum racing graz. Der heutige Beitrag steht ganz im Zeichen der Elektrik. Bei technisch derart ausgereiften Boliden, wie es der von joanneum racing ist, spielt nämlich auch die Elektrik eine ganz essentielle Rolle.

266 Meter Kabel, 40 Sensoren, 20 Aktuatoren: Der Bolide, der am Ende bei den Bewerben von Formula Student um die begehrten Podestplätze mitfahren soll, strotzt nur so vor Technik. Neben dem hochleistungsfähigen Motor ist es insbesondere die Elektrik, die hauptverantwortlich dafür ist, das Beste aus dem fertigen Rennwagen rauszuholen. Dafür gibt es beim Racing-Team der FH JOANNEUM eine eigene Baugruppe, die dem programmatischen Namen „Electrics“ trägt – Teamleader ist seit diesem Jahr Valentin Keck. Valentin ist schon seit voriger Saison Mitglied von joanneum racing graz und hat ein Faible für alles, was mit Elektrik zu tun hat – bereits im Vorjahr war er deshalb als normales Teammitglied in der Baugruppe „Electrics“ tätig.

Nahezu alles läuft elektrisch

„Jetzt muss ich aber das ganze System kennen und alle Aufgaben im Blick haben“, erklärt Valentin, welche Veränderung mit der Position des Teamleaders einherging. Trotzdem versucht er nach wie vor, so viel Zeit wie nur möglich in der Werkstätte mit den Tätigkeiten seiner Baugruppe zu verbringen. Und das sind so einige: Angefangen beim Lenkrad, über die Steuerung des Getriebes und der Kupplung bis hin zum Aufzeichnen von Fahrzeugdaten – für nahezu alle Funktionen des Boliden braucht es eine funktionierende Elektrik. Aktuell ist Valentins Team damit beschäftigt, den „Kabelbaum“ zu fertigen, in welchem sämtliche Kabel des fertigen Boliden miteinander verbunden und mit einem Schrumpfschlauch vor äußeren Einflüssen wie Nässe oder Öl geschützt werden.

Dabei projiziert die Baugruppe „Electrics“ ein 3D-CAD-Modell des „Kabelbaums“ auf einen Tisch und beginnt damit, die Kabel laut Plan zusammenzufügen. Bei den über 260 Metern Kabeln nimmt diese Aufgabe eine Menge Zeit in Anspruch, über einen Monat verbringt das 6-köpfige Team damit, den „Kabelbaum“ zu fertigen. Dieser wird in einer späteren Phase ins Monocoque integriert und mit den Sensoren und Aktuatoren verbunden – eine Tätigkeit, die im Fachjargon als „Verheiraten“ bezeichnet wird. Sensoren sind dabei für die Messung von Motordaten – wie etwa für den Ladedruck und die Kurbelwellendrehzahl – zuständig, Aktuatoren steuern verschiedene Systeme des Boliden, wie das Getriebe oder den Motor.

Sensordaten helfen zur Verbesserung

Die Sensoren haben aber noch eine zweite ganz zentrale Aufgabe: Sie liefern den anderen Baugruppen wichtige Daten, die in der Testphase zur Verbesserung des Boliden genutzt werden. So werden sämtliche Fahrzeugdaten in einem Datenlogsystem aufgezeichnet und gespeichert, aber auch Live-Daten werden während der Fahrt an einen Computer gesendet. Durch die dadurch gewonnen Daten können die Baugruppen entscheiden, welche Veränderungen das Auto im Endeffekt schneller und damit konkurrenzfähiger machen. Damit diese Sensoren und Aktuatoren im fertigen Boliden auch einwandfrei funktionieren, verbringt die Baugruppe „Electrics“ auch jetzt schon etliche Stunden mit kleineren Testaufbauten, um die einzelnen Teile auf Herz und Nieren zu prüfen.

Auch das Programmieren spielt in Valentins Team eine zentrale Rolle. Angefangen von der Kühlsoftware bis hin zur Getriebesoftware kann die Baugruppe „Electrics“ zwar auf die Logik des Vorjahres zurückgreifen, in der Feinabstimmung bleibt aber dennoch einiges zu tun. Der Fahrer des Boliden kann dank der ausgereiften Technik sowohl Kupplung als auch Schaltung vom Lenkrad aus betätigen. Damit das am Ende der Fertigungsphase auch einwandfrei funktioniert, braucht es eine gute baugruppeninterne Kommunikation. „Ich muss schauen, wie meine Mitglieder in ihren Tätigkeiten vorankommen, ob sie Hilfe brauchen und ob alles so läuft, wie wir das geplant haben. Außerdem ist es wichtig, dass alle Baugruppenmitglieder immer Bescheid wissen, wie der Stand der Dinge ist, damit es zu keinen doppelten Arbeiten kommt“, erklärt Valentin.

Für ihn und sein Team steht aktuell zwar ganz klar der Aufbau des „Kabelbaums“ im Fokus, ist dieser im Boliden verbaut, hat die Arbeit noch lange kein Ende. Vor allem in der Testphase gilt es für die Baugruppe „Electrics“, kleinere Schwächen der Elektrik des Boliden auszumerzen und natürlich die anderen Baugruppen mit den notwendigen Daten zu versorgen. Ohne funktionierende Elektrik ist ein Platz an der Weltspitze von Formula Student also undenkbar.

Foto: © © FH JOANNEUM / joanneum racing graz
Auch bei den großartigen Auftritten des Teams bei den Bewerben der Vorsaison spielte Valentin als Teammitglied der Baugruppe Electrics eine wichtige Rolle.

Valentin Keck im joanneum-racing-Wordrap

Warum hast du die Position des Teamleader Electrics übernommen?
Weil es eine extrem gute Möglichkeit ist, praktische Erfahrung zu sammeln. Es ist sowohl persönlich als auch technisch eine extreme Weiterentwicklung für mich.

Was bedeutet das Racing Team für dich?
Commitment, Ehrgeiz, Verantwortung.

Warum sollte man zum Racing Team kommen?
Weil man enorm viel lernt. Zwar bilden die Inhalte aus dem Curriculum des Studiums eine gute und oft hilfreiche Basis, dennoch stehen sie in keiner Relation zu der Weiterentwicklung, die man im Racing Team erlebt. Man lernt, unter Zeit- und Gelddruck, ein kompetitives Produkt herzustellen. Diese Chance hat man im klassischen Studienrahmen nicht.

Warum ist das Racing Team der FH JOANNEUM das Beste?
Weil wir eine extrem erfolgreiche und passionierte Geschichte haben mit eingefleischten Traditionen. Man will einfach die Erfolgsgeschichte weitertragen. Außerdem ist der Spirit im Vergleich zu anderen Teams großartig.

Was trägt der Studiengang „Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering“ zum Erfolg des Racing Team bei?
Zum einen sind es materielle Mittel, vor allem die Räumlichkeiten und Gerätschaften, die uns zur Verfügung gestellt werden. Ohne dem, wäre die Geschichte des Teams nicht so erfolgreich, wie sie heute ist. Zum anderen natürlich das Know-how des Instituts, das im Rahmen des Studiums vermittelt wird.

Weiter geht´s mit der Beitragsreihe am Freitag, dem 20. März.