„Ganz ehrlich: Eigentlich wollte ich nie studieren!“
Foto: Joanneum Racing Graz

„Eigentlich wollte ich nie studieren!“

Elisabeth Dehm,

Mit diesem Geständnis beginnt Erik Pirolts Geschichte der Leidenschaft für Elektrotechnik, die ihn an die FH JOANNEUM geführt hat. Im Interview spricht er darüber, warum er sich im Studiengang „Elektronik und Computer Engineering“ vollkommen wohl fühlt, das Studium für seinen Wissensdrang perfekt geeignet ist und wie er den glorreichen Sieg bei Crazy Car errungen hat.

Warum haben Sie sich für ein Studium nach der Matura entschieden?

Erik Pirolt: An der HTL in Wiener Neustadt habe ich nur das Nötigste getan, denn für mich stand fest, dass ich so schnell wie möglich arbeiten gehen wollte. Eine häufig angebotene Jobmöglichkeit wäre technischer Zeichner gewesen, was mir allerdings gar keinen Spaß macht. Zufällig fand ich dann aber eine Stellenausschreibung als SPS-Programmierer in Wien und reiste für ein Bewerbungsgespräch an. Dort war man begeistert von mir, wollte mir aber ohne Berufserfahrung nur einen Job als – Überraschung – technischer Zeichner anbieten. Das war sehr ernüchternd für mich. Kurz darauf erfuhr ich dann durch einen Instagram-Post vom Studienangebot an der FH JOANNEUM und bewarb mich sofort.

Warum haben Sie sich für das Bachelorstudium „Elektronik und Computer Engineering“ entschieden?

Pirolt: Eigentlich habe ich mit dem Bachelorstudium „Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering“ begonnen, aber das Studium stimmte von der Schwerpunktsetzung nicht mit meinen zentralen Interessen überein. Deshalb habe ich mich im zweiten Semester erfolgreich für „Elektronik und Computer Engineering“ beworben, wo ich mich jetzt vollkommen wohl fühle – hier lerne ich genau das, was mich interessiert, und es macht mir nach wie vor großen Spaß!

Weshalb begeistert Sie dieser Studiengang derartig?

Pirolt: Immer schon habe ich mich für Technik interessiert – ich habe immer Laptops und Kameras zerlegt, um die Platinen zu betrachten und zu verstehen, wie diese Geräte funktionieren. Hier im Studium bekomme ich genau dieses Wissen vermittelt! Außerdem ist der Studiengang selbst außerordentlich gut organisiert. Der hohe Praxisanteil ist auch der Wahnsinn – das gibt es sonst nirgends. Darüber hinaus haben wir hier 24/7 Zugang zu Laboren und arbeiten mit hochwertigem Equipment. All das ist sehr bewundernswert und exakt mein Interessensbereich.

Haben Sie im Studiengang von Ihrem Vorwissen aus Ihrer Schullaufbahn an der HTL profitiert?

Pirolt: Der Studiengang ist durchaus auf Studierende mit einer AHS-Matura ausgelegt, denen teilweise bestimmtes Vorwissen fehlt. Dadurch waren die ersten beiden Semester für mich deutlich einfacher, da ich die Grundprinzipien und die Herangehensweise in technischer und mathematischer Hinsicht bereits beherrschte. Dennoch habe ich ständig Neues dazugelernt und hatte zusätzlich noch Zeit für private Projekte.

Was war das bisherige Highlight Ihres Studiums?

Pirolt: Besonders toll war für mich, dass ich in der letzten Saison Teil des Studierendenteams Joanneum Racing Graz werden konnte. Hier konnte ich mein Wissen vertiefen, habe mehr Praxisbezug bekommen und konnte durch Theorie- und Praxisinput völlig selbstständig etwas umsetzen. Da war ich mit großer Leidenschaft bei der Sache.

Welche Lehrveranstaltungen waren besonders interessant für Sie?

Pirolt: Zum einen gab es da „Embedded Systems“, wo wir für Crazy Car programmiert haben und ich mit einer völlig neuen Programmierweise in Kontakt kam – mein Partner und ich haben alles gegeben, um das Beste aus uns und dem Projekt herauszuholen. Eine besondere Belohnung dafür war schließlich, als wir beim Rennen gegen andere Teams antraten und den Sieg davontrugen. Andererseits gefiel mir auch „Design und Test: elektronische Geräte“, weil man dabei den ganzheitlichen Prozess eines Produkts beziehungsweise einer Platine erfahren konnte: So bekam ich ein Gefühl dafür, worauf dabei zu achten ist und wie viel Zeit sowie Ressourcen nötig sind.

Wer ist in Ihren Augen geeignet für das Studium „Elektronik und Computer Engineering“?

Pirolt: Ein Interesse für Elektronik, Programmieren von Microcontrollern und daran, etwas physisch zum Bewegen bringen zu wollen, ist natürlich Voraussetzung. Ohne jegliche technische Vorbildung ist das Studium auf jeden Fall zeitintensiv. Aber prinzipiell kann jede:r mit der nötigen Motivation dieses Studium schaffen.

Wie ist Ihr Verhältnis zu den Lehrenden des Instituts beziehungsweise Studienganges?

Pirolt: Das Lehrsystem ist prädestiniert dafür, dass man sich auch mit den Lehrenden gut versteht – die geringe Teilnehmer:innen-Anzahl führt zu einer Dynamik der offenen Diskussion und Interaktion. Für mich funktioniert das ausgezeichnet.

Wie empfinden Sie den Zusammenhalt und das soziale Klima unter den Studierenden?

Pirolt: Leider konnten wir uns durch die Einschränkungen rund um COVID-19 kaum kennenlernen und so entwickelte jede:r für sich allein einen bestimmten Lernrhythmus. Allerdings ist mir von Mitstudierenden bekannt, dass diese sich jetzt, wenn es wieder möglich ist, erneut in Lerngruppen zusammenfinden. Durch den hohen Laboranteil gibt es jedenfalls Möglichkeiten zur Teamarbeit, wenn wir beispielsweise in Zweierteams gemeinsam Laborübungen durchführen und im ständigen Austausch stehen. Beim „Elektronik und Computer Engineering“-Projekt wurde außerdem extra darauf geachtet, dass wir durch zusammengewürfelte Teams unsere Komfortzone verlassen und mit anderen Mitstudierenden interagieren.

Wie empfanden Sie die Maßnahmen der FH JOANNEUM während der COVID-19-Krise?

Pirolt: Unser Studiengang hat den Übergang zur Online-Lehre sehr gut gemeistert, alle Lehrenden waren gut ausgestattet, schnell mit ihrem neuen Equipment vertraut und haben sich schnell auf andere Methoden umgestellt. Wie immer war der Studiengang hervorragend organisiert. Glücklicherweise konnten die Labore in Präsenz durchgeführt werden, wodurch der Praxisanteil auch gegeben war. Trotz allem bin ich sehr glücklich, dass derzeit wieder alles in Präsenz durchgeführt werden kann.

Sie sind bereits seit einem Jahr als Tutor tätig: Welche Aufgaben führen Sie hierbei aus und welche Erfahrungen können Sie aus diesem Bereich berichten?

Pirolt: Es gibt mehrere Fächer, die den Studierenden statistisch gesehen mehr Schwierigkeiten bereiten als andere, und in diesen unterstütze ich mit meinem Wissen. Ich greife Themen in naturwissenschaftlichen Fächern auf, die schwer verstanden wurden, oder rechne mit den Studierenden gemeinsam Übungsbeispiele erneut durch, die in der Lehrveranstaltung Verständnisprobleme bereiteten. Die Fragen der Studierenden gestalten das Tutorium mit, sodass ich gezielt auf die Bereiche eingehe, in denen die Studierenden wirklich Hilfe brauchen. Besonders für die Prüfungsvorbereitung suchen Studierende gerne das Tutorium auf und schicken mir manchmal auch vorab Beispiele, mit denen sie sich näher beschäftigen wollen.

Welche Studierenden sind Ihrer Meinung nach geeignet für die Tätigkeit als Tutor:in?

Pirolt: Gute Benotungen beziehungsweise intensives Wissen über den Themenbereich und technisches Verständnis sind gute Voraussetzungen. Natürlich sollte man auch Spaß daran haben, anderen etwas zu erklären und Wissensbereiche näher zu bringen.

Inwiefern kamen Sie im Laufe Ihres Studiums mit Firmen in Kontakt?

Pirolt: Aufgrund von COVID-19 musste auf einige Firmenbesuche verzichtet werden – glücklicherweise konnten wir aber die Unternehmen NXP und Infineon aufsuchen. Durch das Joanneum Racing trat ich ebenfalls mit anderen Firmen in Kontakt. Zuletzt ist das Event „Future Engineers“ in hohem Maße dafür geeignet, sich mit Firmenvertreter:innen zu unterhalten und so einen Überblick über die Firmenphilosophie sowie die Tätigkeiten der Mitarbeiter:innen zu bekommen. Dadurch bin ich beispielsweise zu meinem Ferialpraktikum bei Herrn Rominger von NXP gekommen, er war ein unglaublich guter Betreuer! Die Praktika sind durch die Bank für alle Studierenden etwas Gewinnbringendes, indem sie viel dazulernen.

Wenn Sie an die Zukunft denken: Was haben Sie nach Ihrem Bachelorabschluss vor?

Pirolt: Ich kann mich derzeit noch nicht festlegen und informiere mich über verschiedene Möglichkeiten. Mein Interessensschwerpunkt ist immer noch Automotive Systems, daher würde ich mich gerne in dieser Richtung weiterbilden. Die FH JOANNEUM ist dabei definitiv eine Option, weil ich mich hier auf jeden Fall wohl fühle und das weiterführende Studium sicher ebenso gut organisiert ist wie das Bachelorstudium.

In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten?

Pirolt: Prinzipiell wäre es für mich wichtig, im Automotive Bereich zu arbeiten. Am besten Fall in Richtung Rennsport: Generell genieße ich das Teamfeeling und ein Ansporn in Competitions macht die Arbeit für mich noch viel spannender. Hierbei möchte ich mich auf jeden Fall noch über die Lage am Arbeitsmarkt für Elektronikingenieure informieren. Da ich mich aber noch nicht hundertprozentig festlegen möchte, habe ich mein Praktikum bei NXP absolviert. Dort habe ich die Tätigkeiten auch sehr genossen, daher kann ich mir durchaus auch vorstellen, als Validierungsingenieur zu arbeiten.