Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1
(c) FH JOANNEUM / Marion Luttenberger

Wöchentlicher Börsenbrief #40

Josef Obergantschnig,

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Sprudelnde Gewinne und die Vernetzung von Mensch und Computer

Diese Woche habe ich mir eine schöne Teekanne gekauft. Ja, Sie haben richtig gelesen. Es handelt sich wirklich um eine Teekanne. Eines kann ich aber garantieren: Meinem geliebten Espresso bleibe ich auch in Zukunft treu. Während ich durch die Innenstadt bummelte, wimmelte es von Ausverkaufsschildern. Gerade diese Rabattaktionen spülen ordentlich Geld in die Kassen. Der größte Online-Einzelhändler Amazon hat diese Woche Zahlen vorgelegt. Der Konzernumsatz ist im 4. Quartal 2023 um 14% auf 170 Milliarden US-Dollar gestiegen. Dem robusten Cloud-Geschäft und Sonderangeboten sei Dank. Allein am Black-Friday und am Cyber-Monday wurden mehr als eine Milliarde Artikel bestellt. Von den 170 Milliarden bleibt ein Nettogewinn von knapp über 10 Milliarden Dollar übrig. Das entspricht einer Marge von rund 6%. Trotzt neuer aggressiver Konkurrenten aus Asien, die mit einem hohen Werbebudget und extremen Dumpingpreisen auf den Markt drängen, scheint die Euphorie schier grenzenlos. Ein Grund dafür ist auch, dass uns Konsument:innen künftig Rufus – dabei handelt es sich um eine KI-Software – beim Online-Einkauf unterstützen wird. Ich bin schon gespannt, was mir die KI künftig in mein Einkaufswagerl legen wird.

Mit Apple hat auch ein zweiter Tech-Gigant seine Zahlen vorgelegt. Nach vier Quartalen in Folge, in denen der Umsatz zurückgegangen ist, konnte das Unternehmen im 4. Quartal wieder ein Umsatzplus vermelden. Für das erfolgsverwöhnte Unternehmen endet damit die längste Negativserie seit 2001. Bei einem Quartalsumsatz von 120 Milliarden Dollar bleiben immerhin 34 Milliarden Dollar Gewinn übrig. Die Gewinnmarge ist mit 28% deutlich höher als jene von Amazon. Es ist aber definitiv nicht alles eitel Wonne. In China, einem der wichtigsten Absatzmärkte, ist der Umsatz um 13% gefallen. Das ist zwar wenig überraschend, da Apple hier mit dem lokalen Rivalen Huawei verbissen um Marktanteile kämpft, aber doch irgendwie enttäuschend. Produktseitig können sich Apple-Kunden auf die Computerbrille „Vision Pro“ freuen, welche ab einem Startpreis von 3.500 US-Dollar zu haben sein wird. Auf den Bildern ähnelt Sie einer Skibrille. Bei der Frage, wie hoch das Absatzpotenzial dieses Virtual-Reality-Headsets wirklich sein wird, gehen die Expertenmeinungen weit auseinander. Ich bin schon gespannt.

Und abschließend möchte ich noch kurz zum Facebook-Konzern schwenken. Mark Zuckerberg und sein Meta-Konzern wurden ja schon von vielen abgeschrieben. Es bewahrheitet sich aber wieder einmal das alte Sprichwort: Totgesagte leben länger. Das Werbegeschäft von Meta boomt. Der Umsatz ist im 4. Quartal um ein Viertel auf 40 Milliarden US-Dollar gestiegen. Der Gewinn liegt bei 14 Milliarden US-Dollar und konnte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal verdreifachen. Eine Gewinnmarge von 35% kann sich sehen lassen. Der Fokus liegt in der virtuellen Welt. In der Realität dürfen sich Aktionär:innen auch erstmals über eine Dividende freuen.

Auch Elon Musk setzt auf die Vernetzung zwischen Mensch und Computer. Sein Unternehmen Neuralink hat erstmals einem Patienten ein Gehirnimplantat eingesetzt. Das primäre Ziel ist es, Menschen mit Parkinson oder ALS zu helfen. Hier sind aber vermutlich keine Grenzen gesetzt. Ob ich mir in naher Zukunft aber einen Chip einsetzen lasse, um meine menschlichen Fähigkeiten zu verbessern, wage ich definitiv zu bezweifeln. Bei diesen Ergebnissen ist es wenig verwunderlich, dass Technologie-Aktien auch 2024 noch voll im Trend sind. Es mehren sich aber mittlerweile auch schon kritische Stimmen, dass die Bewertungen schon sehr sportlich sind. Eines ist aber klar. Für Spannung ist gesorgt.

Die amerikanische Notenbank hat ihre Leitzinsen wie erwartet unverändert gelassen. Auch wenn laut eigenen Angaben die Entscheidung für Zinssenkungen noch nicht gefallen ist, deutete Fed-Präsident Jerome Powell an, dass wir heuer noch Zinssenkungen ab Mai erleben werden. Natürlich nur, sofern man die Inflation im Griff habe. Es würde mich wundern, wenn EZB-Präsidentin Christine Lagarde mit ein paar Monaten Verspätung dem lieben Jerome folgen würde. Vielleicht sollten die beiden einmal eine VR-Brille aufsetzen, um ihre Strategie zu testen? Oder macht vielleicht macht es ja auch mehr Sinn, einmal bei der KI nachzufragen?