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Wöchentlicher Börsenbrief #56

FH JOANNEUM, 23. Mai 2024
Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1

(c) FH JOANNEUM / Marion Luttenberger

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

All-Time-Highs, ein Karriereende und die erwartete Zinssenkung

Die Spannung steigt. Ein Juni voller Großereignisse steht ante portas. Am 14. Juni startet die Fußball-Europameisterschaft. Ralf Rangnick hat diese Woche den erweiterten Kader bekanntgegeben. Das allein ist Anlass genug für heftige Diskussionen unter den gefühlten neun Millionen anderen österreichischen Teamchefs. In Deutschland hat die revitalisierte Fußball-Ikone Toni Kroos angekündigt, nach dem Fußballfest in seiner Heimat und dem Champions-League-Finale in Wembley mit seinem Herzensverein Real Madrid seine einzigartige Karriere zu beenden. Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, um den lieben Toni einmal zu einem Espresso einzuladen?

An den Finanzmärkten wird mit Spannung die nächste Zinssitzung der EZB am 6. Juni erwartet. Der Einlagensatz liegt aktuell bei 4 % und damit auf dem höchsten Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Alles andere als eine Zinssenkung wäre wohl eine große Überraschung. Die Währungshüter:innen haben schließlich bereits bei ihrer letzten Zinssitzung die Finanzmarktakteure darauf vorbereitet. Dem Protokoll des Notenbanker-Treffens vom April in Frankfurt ist zu entnehmen: „Es wurde als plausibel angesehen, dass der EZB-Rat in der Lage sein würde, auf der Juni-Sitzung mit einer Lockerung der geldpolitischen Restriktionen zu beginnen.“ Auch Robert Holzmann, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank und EZB-Ratsmitglied, geht davon aus, dass die EZB im Juni die Zinsen senkt. Er warnt aber gleichzeitig auch davor, zu schnell und zu stark die Leitzinsen zu senken. Wenn aber mit Holzmann selbst ein Verfechter eher hoher Zinsen von einer Senkung spricht, kann man davon ausgehen, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereits vor der amerikanischen Notenbank die Zinswende einleiten wird.
Sollte die Zinssenkung nun wirklich vollzogen werden, wird das nicht nur den einen oder anderen Kreditnehmer freuen. Mit dieser Strategie wird auch versucht, der europäischen Wirtschaft wieder neues Leben einzuhauchen. Dass das notwendig ist, verdeutlichen auch die jüngsten Zahlen des globalen Einkaufsmanagerindex (EMI). Ein Wert von über 50 deutet eine Expansion und eine positive Wirtschaftsdynamik an, ein Wert unter 50 einen Abschwung und ein Wert von 42 eine Rezession. In der Eurozone liegt der Wert aktuell bei 45,3 Punkten, in Deutschland sogar bei nur 42,5. Zum Vergleich: die USA liegen bei 50, China bei 51,4 und Indien sogar bei 58,8 Punkten.

Viele renommierte Aktienindizes konnten in den letzten Wochen neue Höchststände erreichen. Die Stimmung ist nach wie vor positiv. Gerade die Zinssenkungsfantasie hat den Märkten nochmals einen Schub verschafft. Die Bewertung der Aktienmärkte kann gegenwärtig zwar nicht als billig eingestuft werden, eine Übertreibung wie z.B. in der Internetblase sehe ich aber auch nicht. In den letzten Jahren sind schließlich auch die Unternehmensergebnisse deutlich angezogen. Zu meinem Glück bin ich ein strategischer und langfristiger Investor. Als Fußballer hat man im Laufe der Zeit Abnutzungserscheinungen und irgendwann seinen Leistungszenit überschritten. Durch den Zinseszins ist die Zeit der größte Verbündete eines Investors. Insofern muss ich mir nicht wie der liebe Toni die Frage stellen, ob ich bei den aktuellen Alltime-High meine Investorenkarriere beende.

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