Wöchentlicher Börsenbrief von Dr. Josef Obergantschnig 1
Foto: FH JOANNEUM

Wöchentlicher Börsenbrief #2

Dr. Josef Obergantschnig,

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Aktien, Kaffeebohnen und ein Roboter-Schilehrer

In der Fastenzeit war an den Börsen einiges los. Gerade der Bankensektor hat – ausgelöst durch die Pleite der Silicon Valley Bank – in den letzten Wochen stürmische Zeiten erlebt. Darüber hinaus musste auch die eidgenössische Institution Credit Suisse die Segel streichen. Während ich an meiner Kaffeemaschine stehe und beobachte, wie mein Espresso wohlriechend in meine Tasse rinnt, muss ich unweigerlich an die US-Banken denken. Denen ist im März nämlich buchstäblich das Geld zwischen den Fingern zerronnen.

Die Bohnen in meiner Kaffeemaschine sind so etwas wie die Spareinlagen bei den Banken. Wenn man auf den Knopf drückt, wird der Behälter immer leerer. Die Bankkund:innen waren in den letzten Wochen im Dauerdrückermodus. Im März haben Konsument:innen knapp $400 Milliarden an Bankeinlagen abgezogen. Das ist der größte monatliche Rückgang in der US-Banken-Geschichte. Und diese Einlagen sind der Treibstoff der Banken. Ohne sie können sie beispielsweise keine Kredite vergeben. Eine Bank ohne Einlagen ist wie eine hochwertige Kaffeemaschine ohne Bohnen. Und eines wird uns wieder einmal klar und deutlich vor Augen geführt: Das größte Problem einer Bank ist der Vertrauensverlust! Im Falle der Finanzinstitute sollte diese Redewendung leicht adaptiert werden: Das Geld ist ihnen zur Tür raus geronnen.

Bleiben wir noch in den USA. Der ISM-Einkaufsmanager-Index ist ein beliebter Vorlaufindikator. Im Rahmen einer Umfrage werden Einkaufsmanager:innen von Unternehmen über ihre aktuelle Einschätzung und ihren Ausblick befragt. Der Ausblick ist im fünften Monat in Folge gefallen und deutet einen Schrumpfkurs bzw. vielleicht sogar in weiterer Folge eine Rezession an. Eines ist aber klar. Die Wirtschaftsdynamik hat bereits deutlich abgenommen. Und das wiederum ist ein globales Phänomen.

An den Aktienmärkten scheint diese Woche der Osterfrieden einzukehren. Noch einmal Luft holen, bevor ab Mitte April die Berichtsaison so richtig an Fahrt aufnimmt. Im 4. Quartal 2022 sind die Gewinne für den S&P 500 um 3,2% gesunken. Großer Ausreißer war der Energiesektor, der seine Gewinne ausgelöst durch den Russland-Ukraine-Konflikt und die damit verbundene Energieknappheit um knapp 60% steigern konnte. Für 2023 haben die Analyst:innen ihre Prognosen sukzessive zurückgefahren. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit! Spannend finde ich auch eine Analyse der Performance nach Kalendermonaten. Der April war für Aktieninvestor:innen der beste Monat, der September der schlechteste.

Abschließend kommen wir noch zur Künstlichen Intelligenz (KI), die mittlerweile schon sehr ausgereift scheint. So hat beispielsweise ChatGPT die österreichische Zentralmatura oder auch die Jura-Prüfung der juristischen Universität bestanden. Auch wenn noch vieles, was von ChatGPT ausgeworfen wird, falsch sein mag, ist das schon eine deutliche Ansage. Passend zu den Osterferien macht die KI scheinbar auch vor den österreichischen Schipisten nicht halt. Und Vorsicht: Das ist definitiv kein nachgelagerter Aprilscherz! Der Ischgl-Touristiker Aloys denkt Roboter-Schilehrer an. Für mich ist das nach wie vor schwierig, mir einen Stanzel singenden und Witze erzählenden Roboter vorzustellen, der Kinder und Tourist:innen auf unseren Schipisten bespaßt. Aber das mag auch an mir und meiner Vorstellungskraft liegen. Forscher:innen der University of Pennsylvania gehen davon aus, dass in rund 80% der Jobs mindestens eine Aufgabe durch KI schneller erledigt werden könnte. Und das wiederum kann laut Einschätzung von Goldman Sachs dazu führen, dass rund zwei Drittel aller Arbeitsplätze einem gewissen Grad der KI-Automatisierung ausgesetzt sind. Weltweit sprechen wir dabei von 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen!

Im Frühjahr ist auch der Saisonstart für die Donauschifffahrt, die aktuell aber mit einem massiven Personalmangel zu kämpfen hat. Vielleicht wäre auch hier ein Roboter-Kapitän die Lösung? Bei all den Gedanken kommt mir irgendwie Arnold Schwarzeneggers „I’ll be back“ als Terminator in den Sinn. Vorab aber wünsche ich Ihnen, liebe:r Leser:in, frohe Ostern!