Mehr Gesundheit durch kostenlose Ernährungsberatungen – gelebter Austausch zwischen Diätologie und Sozialer Arbeit
Die Diätologin Martina Oswald im Erfahrungsaustausch mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern. (© FH JOANNEUM / Miriam Weiß)

Mehr Gesundheit durch kostenlose Ernährungsberatungen

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Im Projekt „GEMEINSAM G’SUND GENIESSEN – daheim und unterwegs“ der FH JOANNEUM haben sich Diätologinnen mit Expertinnen und Experten der Sozialen Arbeit ausgetauscht.

Im Rahmen des vom Institut Diätologie umgesetzten Projekts können Steirerinnen und Steirer seit September 2018 kostenlose Ernährungsberatungen in ihrem Wohnbezirk in Anspruch nehmen. Das Projekt wurde vom Gesundheitsfonds Steiermark, Fach- und Koordinationsstelle Ernährung, beauftragt und wird im Rahmen der Initiative GEMEINSAM G´SUND GENIESSEN bis 2022 umgesetzt. Das Projekt ergänzt bestehende Ernährungsberatungsangebote. Die Nachfrage ist enorm groß, so wurden von den zwölf Diätologinnen allein im Jahr 2018 bereits 440 Steirerinnen und Steirer im Rahmen von 646 Beratungsstunden zu den unterschiedlichsten Ernährungsfragen betreut. Als Zielgruppen wurden Personen mit Übergewicht beziehungsweise Adipositas, ältere Menschen sowie alle jene, die sich eine Ernährungsberatung finanziell nicht leisten können, definiert. Der größte Bedarf hat sich bisher beim Thema Gewichtsreduktion gezeigt. Eine langfristig angelegte Ernährungstherapie ist für Menschen mit Übergewicht und Adipositas besonders wichtig. Jede Person aus der Zielgruppe kann deshalb zwei bis fünf Ernährungsberatungen pro Behandlungsjahr in Anspruch nehmen.

Besonderes Augenmerk verdient die Zielgruppe der Menschen, die sich eine Ernährungsberatung finanziell nicht leisten können. Die neuesten Daten der Europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen, EU-SILC 2017, zeigen, dass die Armutsgefährdungsquote in der Steiermark bei 16 Prozent liegt. Demnach sind 196.000 Steirerinnen und Steirer armutsgefährdet, das ist mehr als jede(r) Siebte. Die ersten Ergebnisse und Erfahrungen aus den Ernährungsberatungen im Jahr 2018 haben gezeigt, dass es spezifischer Zugänge bedarf, um jene Menschen zu erreichen, die über kein oder ein geringes Einkommen verfügen. Die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe, beispielsweise Personen die bei Sozialmärkten einkaufen und Obdachlose, gilt generell als schwierig.

Die gute Nachricht: Durch die Zusammenarbeit von Diätologie und Sozialer Arbeit kann die Betreuung nachweislich besser gewährleistet werden. Mittels interprofessioneller Unterstützung, also durch die Nutzung von Herangehensweisen beider Berufsgruppen, können individuelle und soziale Ressourcen gefördert werden und sich somit positiv auf die Gesundheit auswirken.

Diätologin Birgit Kogler spricht mit einer Sozialarbeiterin über die neuesten Erkenntnisse.
Diätologin Birgit Kogler spricht mit einer Sozialarbeiterin über die neuesten Erkenntnisse. (© FH JOANNEUM / Miriam Weiß)

Am 5. April 2019 wurden all diese Aspekte im Rahmen des zweiten Netzwerktreffens zum Projekt „GEMEINSAM G’SUND GENIESSEN – daheim und unterwegs“ behandelt. Angeleitet von Daniela Grach, Theresa Draxler und Manuela Hatz vom Institut Diätologie und Sylvia Hojnik vom Institut Soziale Arbeit fand ein äußerst bereichernder interdisziplinärer Austausch statt. Die beiden Berufsgruppen bekamen nicht nur einen guten Einblick in die Tätigkeitsfelder und Kompetenzen der jeweils anderen Profession, sondern haben auch persönliche Ansprechpartnerinnen und -partner in den Bezirken gewonnen, an die sie sich in Zukunft wenden können. So haben zwei unserer Diätologinnen den Austausch erlebt:

Birgit Kogler, Diätologin: „Die Gespräche mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zeigten, welche Hindernisse in der Zusammenarbeit mit sozioökonomisch schwachen Menschen auftreten und wie diese gemeistert werden können. Durch diese Bewusstseinsschaffung kann ich nun in der Beratungssituation genauer auf die Bedürfnisse dieser Personengruppe eingehen und noch gezielter Empfehlungen und Tipps aussprechen.“

Christina Pichler, Diätologin: „Lebensstil, Einkommen und soziale Bedingungen müssen berücksichtigt werden, wenn Wege zu einem gesünderen Ernährungsverhalten gefunden werden sollen. Daher ist die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Diätologinnen und Diätologen von großer Bedeutung. Wird beispielweise das Haushaltseinkommen knapp, dann ist Essen meist einer der ersten Posten, an denen gespart wird. Um Fehlernährung vorzubeugen, ist es mir somit besonders wichtig, Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, um aus kostengünstigen Produkten eine gesunde Mahlzeit zubereiten zu können.“

Das Team der steirischen Diätologinnen mit dem Projektteam des Instituts Diätologie.
Das Team der steirischen Diätologinnen mit dem Projektteam des Instituts Diätologie. (© FH JOANNEUM / Miriam Weiß)