Science Story: Autonomes Fahren

Science Story: Autonomes Fahren

DI Dr. Martin Gossar,

Martin Gossar ist Lehrender am Institut für Fahrzeugtechnik und beschäftigt sich hauptberuflich mit elektrotechnischen Aufgabenstellungen. Eine seine besonderen Vorlieben ist die Vermittlung von komplexen Schaltungen. In dieser Science Story wirft er einen Blick auf autonomes Autofahren.

Seit langem schon beschäftigt sich die Fachwelt mit der Frage, wie man Autos autonom - also, ohne es selbst steuern zu müssen - von einem Punkt zum anderen bringt. Um das zu schaffen, müssen eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufgaben gelöst werden.

📹Umgebung erfassen
Zum einen muss das Fahrzeug seine Umgebung erfassen und erkennen, wo es fahren darf und wo nicht. Das geschieht heute meist durch eine oder mehrere Kameras und unterschiedliche Sensoren, die am Fahrzeug angebracht sind. Einer dieser Sensoren kann der Ultraschallsensor sein.
Der Ultraschallsensor sendet sehr hohe Töne aus und hört auf die Reflektion. Wir Menschen können diese Töne nicht hören. Durch die Zeit, die zwischen dem Aussenden und dem Empfangen vergeht, kann der Sensor den Abstand zu einem Objekt, egal ob einem Baum, einem anderen Auto, einem Menschen oder etwa einer Wand, errechnen. Dasselbe Prinzip nutzen auch Fledermäuse, um sich in der Dunkelheit zurecht zu finden.
Radarsensoren funktionieren ähnlich, nur das diese anstelle eines Tons eine elektromagnetische Welle aussenden. Lidarsensoren senden Lichtimpulse, arbeiten aber nach demselben Prinzip. Jeder dieser Sensoren hat bestimmte Vor- und Nachteile. So ist es ideal, wenn man unterschiedliche Sensoren zusammen verwendet, um die Stärken zu nutzen und die Schwächen durch andere Sensoren zu kompensieren.

⚠️ Gefahren erkennen
Ist die Umgebung mit Hilfe der Kameras und Sensoren erfasst, muss das Fahrzeug in der Lage sein andere Verkehrsteilnehmer:innen zu erkennen und zu bewerten, ob diese eine Gefahr darstellen, bzw. wie man auf sie reagieren muss. Das geschieht heute hauptsächlich durch den Einsatz von „machine learning“. Dabei wird eine sehr große Anzahl an Bildern aufgenommen und annotiert. Das bedeutet, dass ein Mensch dem Bild unterschiedliche Bereiche und Objekte zuweist. So werden beispielsweise alle Autos auf dem Bild als Auto gekennzeichnet, alle Menschen als Menschen, alle Bäume, Schilder, Häuser,… und so weiter als das gekennzeichnet was sie sind. Je genauer und je mehr man unterscheidet, desto besser kann im Anschluss ein Algorithmus erstellt werden, der diese Objekte wiedererkennt. Dazu werden dem Algorithmus eine Vielzahl von Bildern vorgelegt, die bereits annotiert sind. Der Algorithmus lernt dadurch seine Umgebung zu verstehen. Nach einer Trainings- und Lernphase entsteht ein neuronales Netzwerk, das ähnlich funktioniert wie unser menschliches Gehirn. Je mehr Bilder und je mehr Details auf den Bildern markiert sind, die für das Lernen bereitgestellt werden, desto besser wird der Algorithmus im Anschluss funktionieren.

Dieses anlernen passiert nicht auf einzelnen Computern, sondern wird auf Computerfarmen ausgelagert. Dadurch funktioniert das Erlernen wesentlich schneller, verbraucht aber auch große Energiemengen. Da man aber nicht weiß, wie effektiv das Erlernen funktioniert hat, wird der Algorithmus zusätzlich mit weiteren Bildern getestet. Damit überprüft man nochmal wie sicher der Algorithmus, oder das neuronale Netzwerk, unterschiedliche Dinge erkannt hat.

🚗 Die Idealspur
Ist das Fahrzeug nun in der Lage Dinge und Straßen zu erkennen, errechnet es eine Idealspur. Dasselbe machen wir auch, wenn wir selbst fahren. Wir nehmen unsere Umgebung wahr und wissen, wo wir fahren müssen, bzw. wie wir reagieren, wenn sich Gefahren neben der Straße befinden. Um diese Idealspur umzusetzen, muss das Auto in der Lage sein, dieser Spur zu folgen. Dazu lenkt ein Motor die Räder, wie wir es mit dem Lenkrad tun würden. Wenn wir auf unterschiedlichen Untergründen lenken, merken wir unterschiedliche Widerstände. Auf rauem Asphalt etwas gibt es mehr Widerstand als auf Eis. Oder auf der Autobahn bei höheren Geschwindigkeiten lenken wir anders, als beim Einparken. Auch das muss das Fahrzeug durch aufwendige Regelalgorithmen erlernen. Meist ist eine mehrstufige Regelung nötig, um in die gewünschte Richtung zu fahren und nicht zu schnell oder ruckartig zu lenken.

Genau diese Problemstellungen bearbeiten wir aktuell auf der FH JOANNEUM am Institut Fahrzeugtechnik. Durch kleine Modellautos können wir das Erkennen der Umgebung und Lenken ohne Risiko testen. Auch die elektrische Lenkung haben wir in einem Elektroauto realisiert.