“In größere Schuhe schlüpfen” - Eindrücke vom Journalistinnenkongress 4

„In größere Schuhe schlüpfen” – Eindrücke vom Journalistinnenkongress

,

Sonja Radkohl, Mitarbeiterin am Institut Journalismus und Public Relations (PR), besuchte den Journalistinnenkongress am 6. November 2019 in Wien. Durch eine Kooperation konnten heuer auch wieder Studierende teilnehmen und sich bereits während ihrer Bachelor-Ausbildung mit Top-Medienfrauen vernetzen.

Ist Gendergerechtigkeit im Journalismus 2019 selbstverständlich? Die Speakerinnen am 21. Journalistinnenkongress antworten mit einem klaren: Nein. Unter dem Titel „Nix ist fix – Journalistinnen unter Druck“ wurde diese These sogar noch zugespitzt: Wir erleben heute einen Backlash des Patriarchats. Aber nicht nur Aufmerksamkeit für das Thema wurde geschürt, auch Gegenstrategien fanden Platz: „Schlüpft in größere Schuhe, nur dann könnt ihr wachsen“, so etwa Claudia Reiterer (ORF).

Genderthemen bekamen am 21. Journalistinnenkongress viel Raum, wobei die Meinungen der Speakerinnen durchaus divers waren: „Wir müssen einfordern, was uns zusteht“, sagte etwa Christiana Jankovics vom ORF. „Schreibt gegen Stereotype an“, forderte die Philosophin Lisz Hirn. Dass Empowering von Mädchen schon in der Schule beginnt, darauf machte Melisa Erkurt (ORF, Falter, taz) aufmerksam. Und am Beispiel Island zeigte Anne Siegel, wie Genderneutralität gelebt werden kann: Hier gilt es nämlich als unmännlich, sein Kind nicht selbst in die Krippe zu bringen.

Dem entgegen setzte etwa Rosemarie Schwaiger vom Profil, sie wolle nicht anders berichten, als ihre männlichen Kollegen und so Neutralität darstellen. Ebenso sagte Nadia Kailouli, die u. a. für den ARD über die Seenotrettung berichtete, dass zu Diskussionen oft nur sie, nicht ihr Kollege eingeladen wurde. Solche Einladungen lehne sie ab, denn Geschlecht solle schlichtweg keine Rolle mehr spielen.

Zwischen Aktionismus und Objektivität

Die schmale Gratwanderung zwischen Aktionismus und Objektivität im Journalismus zeigt sich in den Sozialen Medien: Wann Haltung zeigen, wann als Privatperson agieren und wann so posten, als wäre es ein Leitartikel in einer Tageszeitung? Und warum ist es eigentlich in Ordnung, seine Meinung in einem Print-Kommentar, nicht aber in einem Posting kundzutun? Dieser Diskrepanz widmeten sich u. a. Rosemarie Schwaiger (Profil), Claudia Zettel (futurezone), Nadia Kailouli (ARD), Barbara Toth (Falter) und Nana Siebert (Der Standard).

Nach dem Workshop-Nachmittag mit aktuellen Themen von Regionalmedien über Podcasts, Berufsrealitäten und Frauennetzwerken, fand der Kongress in den „Living News“ seinen inhaltlichen Ausklang. Hier stellten sich Medienfrauen den Fragen von Jungjournalistinnen und anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auch hier waren die Themen sehr breit: Gehälter und Quoten wurden ebenso besprochen wie das Finden von Romanfiguren oder die eingangs zitierte Aufforderung von Claudia Reiterer (ORF).

Dank einer Kooperation zwischen dem Journalistinnenkongress und der FH JOANNEUM konnten auch Studierende des Bachelor-Studiums „Journalismus und Public Relations (PR)“ an der Konferenz teilnehmen.

Eindrücke der Studierenden

  • Die vortragenden Medienfrauen waren eine echte Inspiration und die besprochen Themen haben einige interessante Diskussionen hervorgerufen. - Nadja Eder

  • Ich fand die Network-Möglichkeiten super, vor allem die Gespräche mit Lou Lorenz-Dittlbacher und Claudia Reiterer waren spannend. - Christina Harrich

  • Die Themenvielfalt und das persönliche Kennenlernen so vieler erfolgreicher Journalistinnen machten diesen Kongress zu einem sehr spannenden Event. - Nikolai Hartlieb

  • Am besten hat mir gefallen, dass alle Vorträge wirklich ehrlich waren und die Chefredakteurinnen auch zugegeben haben wo es in ihren Unternehmen und der Branche Probleme gibt. Besonders interessant war für mich die Möglichkeit bekannte Journalistinnen persönlich kennenzulernen und sich Tipps von ihnen zu holen. - Sarah Reichl

  • Der Kongress war eine super Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen und sich hilfreiche Tipps von erfolgreichen Journalistinnen zu holen. - Sarah Emminger