Zu sehen ist DI (FH) Christoph Renner
Bild: Werner Schandor

Ein erfolgreicher Absolvent im Gespräch

Mag. Werner Schandor,

Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Christoph Renner (Fahrzeugtechnik-Absolvent), CTO bei Mubea Carbo Tech

Von Tempo und Entwicklungstiefe

Engagiert euch in Projekten und vertieft euch schon früh in ein Spezialgebiet. – Diese beiden Tipps für Studierende hat Christoph Renner parat, CTO der Mubea Carbo Tech GmbH. Das Salzburger Unternehmen hat sich mit Leichtbauteilen für die Formel 1 und Hypercars wie dem McLaren P1 einen Namen gemacht. Der aktuelle Schwerpunkt liegt auf Serienbauteilen unter anderem für die E-Mobilität. Mubea-Technikchef Christoph Renner ist Absolvent des FH-Studiengangs „Fahrzeugtechnik“. Im Interview gibt er Auskunft über seinen Werdegang und neue Trends im Automotive-Leichtbau.

Bitte um ein paar biographische Angaben. Wo sind Sie aufgewachsen, wo haben Sie maturiert, wie sind Sie auf das Studium „Fahrzeugtechnik“ in Graz gekommen?

Ich bin im Salzkammergut aufgewachsen und habe an der HTL für Innenraumgestaltung und Holztechnik in Hallstatt maturiert. Ich war schon immer an Maschinenbau interessiert. Graz habe ich ein Jahr vor der Matura erstmals besucht, und es stand gleich als Studienort fest. Die Entscheidung für „Fahrzeugtechnik“ ist nach dem Besuch beim Tag der offenen Tür gefallen, wo ich mir als zweite Möglichkeit auch ein Bau-Studium angeschaut hatte. Ich habe 2005 mit „Fahrzeugtechnik“ begonnen und 2009 mit der Diplomprüfung abgeschlossen.

Ihrer Biographie kann man entnehmen, dass Sie seit 2008 bei Mubea sind. Haben Sie dort das Praxissemester absolviert?

Genau. Ich war im Zuge unseres Formula-Student-Projekts vor Ort in der Firma. Wir konnten bei Mubea Teile für unseren Formula-Student-Rennwagen bauen, und ich wurde angesprochen, ob ich nicht als Praktikant anfangen will. Ich habe das gerne angenommen, weil ich mich schon im Studium stark für das Thema Faserverbundwerkstoffe (FVW) und Leichtbau interessiert habe. Das Praktikum ist nahtlos in eine Fixanstellung übergegangen.

Welche Karriereschritte haben Sie in der Folge bei Mubea durchlaufen?

Ich habe als Konstrukteur im Rennsport gestartet, habe mich dann weiter in Richtung Serienanwendungen vertieft, wo ich ebenfalls Konstrukteur und später Berechnungsingenieur war. Dann bekam ich die Chance, eine Product Unit zu leiten. Das ist quasi eine Firma in der Firma mit einer kleinen Entwicklungsmannschaft und einer Produktionseinheit dahinter. Das war eine sehr lehrreiche Zeit, wo ich sehr viele Erfahrungen sammeln konnte. 2020 wurde ich zum CTO (Chief Technology Officer) berufen und bin jetzt übergeordnet über alle Product Units verantwortlich für die technische Entwicklung an allen unseren Standorten in Österreich, Deutschland und Tschechien.

Sie kamen also von der Formula Student direkt in den Rennsport. Wie war es für Sie als junger Techniker, in eine Firma zu kommen, wo man gleich mit den großen Namen zu tun hat?

Das war natürlich sehr spannend. Mubea hat Le Mans, Formel 1 und andere Rennsportserien bedient. Das war sehr interessant. Man ist da in sehr kurzen Entwicklungszeiträumen unterwegs und lernt in einem Jahr sehr viel mehr Projekte kennen, als das in der Serienentwicklung der Fall ist. Das war eine hochspannende Zeit. Ich muss aber auch sagen: Eine Serienentwicklung hat andere Herausforderungen, und es braucht ebenfalls technische Finesse. Die Serienteile müssen sehr tiefgreifend entwickelt werden, damit sie über Jahre und in hoher Stückzahlen die Lastenhefte erfüllen können. Das ist eine eigene Herausforderung.

Was hat sich in den letzten 15 Jahren bei den Faserverbundwerkstoffen (FVW) für den Automotive-Sektor getan? Gab es Entwicklungssprünge bei den Materialen und Methoden oder verlief die Entwicklung eher kontinuierlich?

Es ist in der Branche extrem viel passiert. Faserverbundwerkstoffe haben sich in den 80er-Jahren im Rennsport etabliert und sind dann langsam in Serienanwendungen übergegangen. Anfangs wurden die Teile mehr oder weniger nur von Garagenfirmen gebaut, mittlerweile ist man von voll manuellen Prozessen zu hochautomatisierten Lösungen übergegangen. Um ein Beispiel zu nennen: Man hat vor 20 Jahren von Taktzeiten gesprochen, wo man für ein Teil mehrere Tage brauchte. Heute sprechen wir von Minuten. Vom Produkt, von dem wir derzeit die höchste Stückzahl in Serie herstellen – einem Unterfahrschutz für E-Autos – produzieren wir bis zu 1.600 Teile am Tag! Im FVW-Bereich haben die Unternehmen die Automatisierung aufgeholt, die in den anderen Automotive-Bereichen schon über Jahrzehnte erfolgt ist. Und auch bei den Prozessen hat sich viel getan in Richtung Kostenoptimierung, Automatisierung, Taktzeitreduktion. Da gibt es immer noch viel Innovation, der Wandel ist noch nicht zu Ende.

Welche Leichtbauteile entwickelt und baut Mubea eigentlich und für welche Fahrzeuge?

Unsere wichtigsten Produkte sind Monocoques. Die bauen wir im RTM-Verfahren für viele Hersteller. Dann haben wir zahlreiche Exterieurbauteile im Portfolio, die aerodynamische Zwecke erfüllen: Heckflügel, Frontschürzen, Unterböden. Zu einem wichtigen Produkt haben sich in den letzten Jahren Sitze aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) entwickelt. Da liefern wir unseren Kunden den kompletten Sitz mit Belederung, Sitzheizung und allem, was dazugehört, just in sequence. Und wie vorher erwähnt ist der große Wachstumsmarkt momentan die Elektromobilität – mit Produkten wie dem Unterfahrschutz, der die Batterie vor Beschädigung schützen soll. Der Rennsport ist bei uns immer noch vorhanden, aber hat nur einen kleinen Anteil am Umsatz von Mubea Carbo Tech. Es ist aber ein wichtiges Segment, um das Mindset – die Geschwindigkeit, die im Rennsport gefordert ist – in der Firma zu halten.

Welche Themen und Aufgaben beschäftigen Sie während einer typischen Arbeitswoche?

Am Plan steht sehr viel Technisches – alles was mit der Serienentwicklung von Bauteilen und den damit verbundenen Prozessen zu tun hat. Es gibt aber natürlich auch sehr viel Unvorhergesehenes. Als CTO ist man Eskalationsebene, und es kommen kaufmännische Themen, Qualitätsthemen und Logistikthemen ebenso auf den Tisch. Es bleibt immer spannend und abwechslungsreich.

Wie gut hat Sie das Studium auf diese Vielfalt vorbereitet?

Das Studium lieferte den Werkzeugkasten, den man benötigt. Das Engagement in der Formula Student war gut, um die ganzen Themenbereiche miteinander zu vernetzen. Wir hatten dort die Möglichkeit, vieles in der Praxis anzuwenden und auch einige Softskills im Team zu lernen. Das war ein wertvoller Beitrag im Zuge der Ausbildung, die Kenntnisse noch einmal zu festigen.

Was würden Sie Studierenden heute raten, wo sie die Ohren besonders spitzen sollen?

Ich würde ihnen auf jeden Fall raten, Projekte zu machen, wenn sie die Gelegenheit haben, z. B. bei der Formula Student. Außerdem würde ich ihnen raten, sich schon möglichst früh zu vertiefen. Ich persönlich habe mich sehr früh im Studium inhaltlich spezialisiert. Ich wusste, ich will in Richtung Leichtbau und Faserverbundwerkstoffe gehen und habe sehr früh begonnen, mich zu spezialisieren. Das ist etwas, was den Einstieg in den Berufsalltag erleichtert, weil es einem einen inhaltlichen Vorsprung gibt. Das ist ein Tipp, den ich mitgeben kann. Übrigens: Wenn es aktuell an der FH Studierende gibt, die sich für FVW und Leichtbau interessieren, dann können die sich jederzeit bei mir melden, und wir können über ein Praktikum oder eine Abschlussarbeit in diesen Bereichen reden …

Abschließend eine private Frage: Mubea ist im High-End-Segment aktiv. Welches Auto fahren Sie privat und warum haben Sie sich dafür entschieden?

Ich bin da relativ pragmatisch und langweilig unterwegs, ich fahre einen Kombi. Ich habe immer wieder lange Dienstreisen vor mir. Mir ist wichtig, dass ich mit der Tankfüllung gut über 1000 Kilometer komme und dass es genug Platz gibt, um hin und wieder auch ein Prototypenbauteil einzupacken. Da bin ich sehr pragmatisch. Wenn man die ganzen Hypercars um sich sieht, die preislich teilweise bis in den achtstelligen Bereich hinaufgehen, dann ist das auch finanziell außer Reichweite … (lacht).

Über die Mubea Carbo Tech GmbH

Die Mubea Carbo Tech GmbH mit Firmensitz in Salzburg gehören zur weltweit tätigen deutschen Mubea Gruppe und ist spezialisiert auf Design, Entwicklung und Fertigung von Faserverbundkomponenten in den Bereichen Automotive Serie, Motorsport, Aeronautik und industrielle Anwendungen. Das 1993 als „Carbo Tech“ gegründete, hoch innovative Unternehmen ist heute Weltmarktführer für höchst qualitative Faserverbundstrukturen.