Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1
(c) FH JOANNEUM / Marion Luttenberger

Wöchentlicher Börsenbrief #45

Josef Obergantschnig,

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Sprudelnde Gewinne und sportliche Erwartungen

Die glorreichen Sieben stehen wieder einmal im Fokus. Für mich Anlass genug, mich einmal mit der Frage beim morgendlichen Espresso auseinanderzusetzen, ob die Performance der letzten Jahre auch wirklich fundamental untermauert ist. Beginnen wir einmal mit der Börsenbewertung. Aktuell führt Microsoft mit einer Marktkapitalisierung von 3,09 Billionen US-Dollar das Ranking vor Apple mit 2,78 Billionen US-Dollar an. Irgendwie beeindruckend, wie die Kluft zwischen der Nummer eins und der Nummer zwei in den letzten Wochen auseinandergegangen ist. Am Jahresende war Apple ja das dritte Jahr in Folge das wertvollste Unternehmen der Welt. Im Jänner hat Microsoft den Thron das erste Mal seit 2020 bestiegen. Seit 2012 matchen sich die beiden „ewigen“ Kontrahenten im Kampf der Giganten. Auf Platz drei der wertvollsten Unternehmen rangiert mittlerweile Nvidia mit einem Börsenwert von 2,13 Billionen Dollar – der „aufgehende Stern“ am Börsenhimmel. Der Künstlichen Intelligenz sei Dank! Dahinter tummeln sich die alten Bekannten: Amazon (1,85 Bio.), Alphabet/Google (1,71 Bio.) und Meta/Facebook (1,28 Bio.). Tesla musste in den letzten Monaten deutlich Federn lassen und liegt als einziger der glorreichen Sieben mit einer Marktkapitalisierung von 650 Milliarden US-Dollar weit unterhalb der Einen-Billion-US-Dollar-Schwelle.

Auch bei der Performance gibt es deutliche Unterschiede zu verzeichnen. Die Spannweite auf Einjahressicht reicht von über 250% bei Nvidia bis zu -6% bei Tesla. Auf Dreijahressicht konnten Nvidia-Aktionäre ihr Investment mehr als versechsfachen, wohingegen Tesla-Aktionäre nur ein mageres Plus von 2 % erwirtschaften konnten. Im Durchschnitt konnten die glorreichen Sieben aber mit 86 % auf Einjahressicht und 145% auf Dreijahressicht ein außergewöhnlich gutes Ergebnis einfahren.

Jeder Aktionär/jede Aktionärin ist ja Miteigentümer:in eines Unternehmens. Insofern stellt sich die Frage, ob die aktuelle Börsenbewertung auch mit den Gewinnen im Einklang steht. Starten wir mit dem „Rising Star“ Nvidia. Der Gewinn beträgt 21 Milliarden US-Dollar und konnte sich im Vergleich zu 2019 – also dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie – mehr als verzehnfachen. Bei einer Gewinnmarge von 55 % – das heißt, dass das Unternehmen bei einem Umsatz von 100 US-Dollar einen operativen Gewinn von 55 US-Dollar einfährt – kann man von einem hochprofitablen Geschäftsmodell sprechen. Auch wenn die Gewinnaussichten sehr rosig sind, ist die aktuelle Börsenbewertung doch sehr sportlich.

Auch Microsoft ist im Bereich der Künstlichen Intelligenz federführend. Der einstige Software-Gigant erwirtschaftet mit 101 Milliarden Dollar einen satten Gewinn und kann sich mit einer Gewinnmarge von 42 % über ein hochprofitables Geschäftsmodell freuen. Das Gleiche gilt auch für Apple-Aktionäre, die im letzten Jahr einen Gewinn von 121 Mrd. US-Dollar vereinnahmt haben. Auch Alphabet/Google (86 Mrd. $) und Meta/Facebook (48 Mrd. $) können schöne Gewinne einfahren. Die Margen sind beim Online-Riesen Amazon mit 6 % deutlich geringer. Ein Gewinn von 41 Milliarden Dollar kann sich aber auch sehen lassen. Und dann haben wir noch Tesla mit einem Gewinn von 10 Milliarden Dollar. Die glorreichen Sieben konnten damit 428 Milliarden Dollar erwirtschaften. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vergleichsjahr 2019 mit 204 Milliarden Dollar.

Die glorreichen Sieben sind auch ein großer Arbeitgeber und beschäftigen insgesamt mehr als 2,3 Millionen – davon entfallen rund 1,5 Millionen auf Amazon – Mitarbeiter:innen. Im Vergleich zu den Highflyern der Internetblase können die Börsenstars des Jahres 2024 über sprudelnde Gewinne und vergleichsweise hohe Margen freuen. In den aktuellen Kursen steckt aber auch schon viel Fantasie. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie die Reise der glorreichen Sieben weitergeht.